Es ist eine musikalische Abenteuerreise: Ohne zumindest einige Kenntnisse in arabischer Sprache und dazugehöriger Klangwelt stellt ein Konzert von Amal Murkus für einen westlich geprägten Zuhörer eine nicht unerhebliche Herausforderung dar. Fremdartige Harmonien, das ständige gesangliche Umspielen von Vokalen, dann das fehlende Textverständnis – wer am Dienstagabend unvorbereitet in die Harmonie ging, konnte genau das erleben.
Wer seinen Ohren jedoch Zeit gab, um sich zu akklimatisieren, durfte eine fantastische Sängerin erleben, die zusammen mit ihrem Trio traditionelle palästinensische Musik mit neuen Impulsen versieht. Und wer mit der arabischen Tonalität bereits vertraut war (was für die Mehrheit der anwesenden Gäste galt), konnte sich schon vom ersten Stück an zurücklehnen und genießen.
Begleitet von Violinist Nassim Dakwar, Kanun-Meister Moreb Mahran und Perkussionist Naif Sirhan breitete Amal Murkus die Musik Galiläas und Palästinas vor den Zuhörern aus: Lieder über Hochzeit
und Krieg, über Hausbau und Hoffnung, aber auch über lebenslustige Frauen, die das Recht auf Selbstbestimmung einfordern. Lieder, die ohne große Intervalle auskommen, ohne große Sprünge, dafür
aber weit hinausreichen, ins Land und in die Seelen ihrer Zuhörer. Diese goutierten jedes Stück mit tosendem Applaus, klatschten und sangen auch häufig mit – bei dem traditionellen Stück „Na' na'
ya Na' na'“ (zu deutsch etwa „Pfefferminz, O Pfefferminz“) begann ein Mann im Zuschauerraum gar zu tanzen.
Obwohl die Gesangsstimme in der arabischen Musik das zentrale Element darstellt, ließ Amal Murkus bei ihrem Konzert auch ihren Instrumentalisten Raum für Soli. So wimmerte etwa Dakwars
Geigenklang frei durch den Saal, weniger virtuos im Sinne des westlichen Harmonieverständnisses sondern vielmehr emotional aufgeladen, das Innerste des Musikers offenbarend. Ähnliches erreichte
Mahran mit seiner orientalischen Zither, der für die meisten Arrangements des Abends verantwortlich ist und dabei immer wieder Orient und Okzident anzunähern versucht. „Mahran arrangiert die
authentischen arabischen Instrumente, als ob er es mit Cello, Viola und Violine zu tun hätte, und hat dabei doch immer den Osten im Auge" sagte Dakwar einmal in einem Interview. Ein
faszinierender Ansatz. Und ein erfolgreicher. Denn zusammen mit der exquisiten Stimme von Amal Murkus, die eine ähnliche Idee verfolgt und etwa Mercedes Sosas „Gracia a la vida“ adaptiert und neu
interpretiert, entsteht so eine beeindruckende, spannende Mischung, die das begeisterte Publikum am Dienstag mit stehenden Ovationen und lauten Zugabe-Rufen quittierte.
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