Da steht sie nun, diese ernste Frau mit dem Zirkusfrack, die Haare streng zurückgebunden – nur sie auf der Bühne, ganz allein, einsam vor einem Mikro, sich selbst mit einer Loop-Machine Gesellschaft schaffend, einen Chor aufnehmend, der ihre Melancholie mit ihr heraus in die Welt trägt. Schön klingt es, aber auch depressiv. So wie fast der gesamte Trennungsliederabend in der Harmonie. Nein, Kat Frankie ist keine Sängerin, die einen herausholt aus der Dunkelheit – eher eine, die einen wieder hineinschiebt und vielleicht noch ein Glas Rotwein hinterher reicht. Ohne eine Miene zu verziehen.
Kat Frankie, die australische Singer-Songwriterin aus Berlin, bietet keine leichte Kost. Ganz im Gegenteil: Sie strickt komplexe Klänge, entweder alleine oder mit ihrer Band, mit Schlagzeug,
Bass, Cello, Keyboard und Begleitstimmen. Und darüber diese anklagende, zornige, vielseitige Stimme Kat Frankies, die an Dolores O'Riordan von den „Cranberries“ erinnert, und ein bisschen an
Annie Lennox. Nur deutlich schwermütiger. „Ich habe die Liebe zu den Untergehenden und die Lust am Untergang“, hat der von Kat Frankie verehrte Bertolt Brecht einmal gesagt. Passt
irgendwie.
Schwermut, das ist ein Markenzeichen ihrer Musik. So wie Bedächtigkeit. Und Trotz. Vielleicht erklärt das auch die Timing-Probleme, die Kat Frankie sowohl im Großen als auch im Kleinen hat: die
unnötig lange Pause zwischen dem Auftritt ihres Mitsängers Mowat, der gewissermaßen als Vorband mit – natürlich melancholischen – Songwriter-Attitüden auf Spanisch die Stimmung auf die richtige
Temperatur brachte; die Gesamtstruktur des Konzerts, das erst am Ende einen Ausbruch gestattet, kraftvoll und laut wird und die aufgeladene Atmosphäre gewitterartig entlädt; und die Einsätze bei
der Programmierung der Loop-Machine, die regelmäßig knapp neben dem Schlag landen und entweder zu spät oder nicht spät genug kommen. Aber vielleicht ist das alles ja gewollt. Aus Trotz, weil ihr
einmal jemand gesagt hat, dass das nicht funktioniert.
Dabei kann Kat Frankie auch anders. Ab und zu blitzen Folkpop-Elemente auf, kleine, präzise Hoffnungsschimmer, faszinierend in ihrer Verspieltheit und Eleganz. Dann lächelt die Sängerin sogar.
Doch es bleibt immer beim Fragment, das den Schleier der Melancholie nicht durchdringen kann, der das gesamte Konzert überdeckt und seltsam entschleunigt. Es ist eine Art musikalisches
Vor-sich-hin-Brüten, das Kat Frankie dann zelebriert. Und dann kommt wieder eine Barschheit durch, die irritiert – eine schlechte Laune, bei der nicht so ganz klar wird, ob die nur vorgetäuscht
oder tatsächlich echt ist.
Das Publikum scheint sich an derartigen Merkmalen nicht zu stören. Andächtig lauscht es den Kompositionen der Australierin und feiert sie am Ende des Konzerts mit langem Applaus und stehenden
Ovationen. Kat Frankie, so viel ist sicher, hat in der Harmonie Spuren hinterlassen. Und das schafft nicht jeder.
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