Der erste Eindruck ist laut. Einfach nur laut. Samsara Blues Experiment lässt es krachen, hämmert beim aktuellen WDR-Crossroads-Festival, dass in der Harmonie an diesem Mittwochabend begonnen hat und sich bis Samstag zieht, ein knalliges Riff nach dem anderen aus den Saiten. Klingt eher nach Metal als nach Bluesrock – zumal die Band dank der langen Haare der vier Musiker, die irgendwie ständig vor den Gesichtern hängen und sie in Rock-Versionen von Vetter It aus der Adam's Family verwandeln, auch optisch eher diesem Genre zugeordnet sein scheint.
Eine trügerische Einschätzung: Hört man einmal hinter den breiigen Sound, der trotz aller Bemühungen der Tontechniker durch den Saal schallt, hinter die von den Wänden des kleinen Raums
reflektierte und alles niedermähende Bass- und Drum-Melange, findet sich so viel mehr. Metal? Das reicht nicht aus. Stoner-Doom-Space-Psychedelic-Metal trifft es schon eher. Sogar die im Namen
geführten Blues-Elemente sind vorhanden, etwa bei „Outside Insight Blues“. Ansonsten könnte man an Black Sabbath denken, aber auch an Hawkwind. Was eigentlich richtig gut sein könnte und auf der
CD „Revelation & Mystery“ auch richtig gut ist. Doch in der Harmonie will die Akustik einfach nicht mitspielen. Sie aber ist verstockt, störrisch. Und wartet auf die Royal Southern
Brotherhood.
Diese Supergroup ist die zweite Band des Abends und schafft es innerhalb von nur vier Takten, Samsara Blues Experiment wie eine Kindergartengruppe wirken zu lassen. Unfair, aber wahr. Immerhin
steht mit Cyril Neville von den Neville Brothers einer der ganz großen Südstaaten-Soulsänger am Mikro, direkt neben ihm der Sohn von Gregg Allman, Devon, und auf der anderen Seite
Blues-Music-Award-Gewinner Mike Zito – alleine diese Trias ist umwerfend. Dazu noch der oft stoisch spielende und dann auf einmal herumstolzierende Bassist Charlie Wooton und Drummer Yonrico
Scott, letzterer ehemals Mitglied der Derek Trucks Band. Was für Namen, was für Musik! Hier tropft der Blues aus jeder Pore, der echte, erdige Rock aus jedem Gitarrenton. Vor allem Zito
begeistert mit seiner erstklassigen und leidenschaftlichen Performance, während Allman sich meist eher etwas zurückhält, nur um dann im richtigen Moment lsozulegen und zu beweisen, dass er weder
seinen Bandkollegen noch seinem Onkel Duana in nichts nachsteht. Akzentuiert, differenziert, strukturiert jammen die fünf „Brüder“, als hätten sie nie etwas anderes getan, spielen als Einheit und
lassen sich doch gegenseitig genug Freiheiten, um niemandem das Gefühl zu geben, im Hintergrund zu stehen. Sowohl Zito als auch Neville und Allman dürfen singen, Wooton und Scott sich dafür in
längeren Soli austoben – und die Menge tobt. Das ist der Sound, den das Publikum hören wollte, diese Virtuosität, von denen andere Bands nur träumen können. Nicht einfach nur laut.
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