Eigentlich sollten die Aufnahmen für die neue CD schon längst abgeschlossen sein. Doch dann kam etwas dazwischen: Die Erkältungs- und Grippewelle. Ein Musiker nach dem anderen fiel aus, selbst der Tontechniker musste das Bett hüten – nur Klaus „Major“ Heuser und Drummer Marcus Rieck blieben verschont. „So was habe ich noch nicht erlebt“, gesteht der Mann mit dem Hut, der vielen älteren Fans noch als BAP-Gitarrist bekannt sein dürfte. Doch pünktlich zum Pantheon-Konzert ist die Band wieder fit, will den Blues spielen und den Rock 'n' Roll. Wobei letzteres durch Sitzgelegenheiten für jedermann erheblich erschwert wird.
Zwar kokettiert der Major mit seinem Alter und dem der Fans (obwohl Heuser selbst gerade einmal 56 ist), spricht vom Rock-Bedürfnis der Senioren, während die Jugend bei Andrea Berg ausflippen
würde – aber so alt, dass sie während des dreistündigen Konzerts kontinuierlich sitzen müssen, sind die wenigsten. Dennoch ist das Pantheon komplett bestuhlt. Für echten Rock gleicht das einem
Todesurteil, fehlt doch die Energie, die Spannung, die Atmosphäre des gemeinsamen ekstatischen Erlebnisses. Gilt übrigens für Sänger und Gitarristen nicht minder. Aber sowohl der Major als auch
sein neuer Sänger Thomas Heinen (sonst bei der Bruce-Springsteen-Coverband Bosstime), der den Hörsturz-geschädigten Richard Bargel ersetzt, klebten förmlich an ihren Hockern. Gut für den Blues,
schlecht für den Rock.
Und so sind es interessanterweise vor allem die älteren Songs, die am besten funktionieren: der tolle Mississippi-Blues „How can I go on“, „Where I belong“ oder das überlange und nach einem
exzessiven Bass-Solo (Sascha Delbrouck) erfreulich kräftige „Poisoned“, das von den Fans mit einem Riesen-Applaus und Standing Ovations gefeiert wurde. Heinen gibt diesen Stücken einen schönen
rauen Klang, während Klaus Heuser technisch exzellente Slides und Pickings aus seinen Saiten hervorzaubert und in jenen Momenten, in denen er nicht mehr ganz so viel über das nachdenken muss, was
er tut, sondern sich einfach fallen lassen kann wie etwa bei dem neuen „Goin' away“ oder den genannten Blues-Nummern, seine ganze Stärke offenbart. Dazu kommt mit Matthias Krauss ein grandioser
Keyboarder, der bei „Higher, Faster, Stronger“ sogar als dritter Gitarrist einspringen darf – ausnahmsweise, sagt Heuser, sonst würde der ihm den Ruhm streitig machen. Unwahrscheinlich, aber
eigentlich auch irrelevant. Stärken sollte man ausspielen. Also ruhig mehr Triple-Gitarren.
Doch selbst wenn die Band richtig Gas gibt, auch der sonst sehr gelassene Bassist Sascha Delbrouck den Turbo einschaltet und die Gitarristen Anklänge an die alten Rock-Legenden der 60er und 70er
Jahre erkennen lassen, jubelt das Publikum zwar frenetisch – aber im Sitzen. Kein Tanzen, kein Springen, kein Zelebrieren des Moments. Soll das alles sein? Bei den Rolling Stones, die Heuser zu
Beginn des Konzerts nennt und deren Mitglieder in diesem Jahr immerhin 70 Jahre alt werden, wäre das undenkbar. Und so bleibt die Klaus Major Heuser Band im Pantheon hinter ihren Möglichkeiten
zurück. Da geht noch mehr, muss noch mehr gehen. Wer rocken will, muss stehen.
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