Aus der Stille erhebt sich ein Ton: golden, weich, klar. Einer nach dem anderen folgt, schafft eine traumhafte Melodie, ein sphärisch-lyrisches Klanggebilde, dezent unterstützt von einem erstklassigen Quartett. Diese fantastischen Töne erwachsen aus Nils Wülkers Flügelhorn, mit dem der 35-jährige Jazztrompeter das „Just here, just now“-Konzert in seiner Heimatstadt eröffnet. „Walking on Air“ heißt das leichte Stück, das durch die Harmonie schwebt. Und bereits zu diesem Zeitpunkt ist klar: Es wird ein schöner Abend.
Viel Zeit nehmen sich Wülker und seine Mitmusiker für die einzelnen Stücke, gerne mal zehn Minuten oder mehr, in denen jeder in der Band sein Potenzial ausschöpfen kann – zumal Wülker
entsprechenden Platz schafft, immer wieder in die Schatten des Bühnenrandes eintaucht und somit den Weg für neue Soli öffnet. Was gut ist: Ob nun Lars Duppler am Klavier, Benny Greb am
Schlagzeug, Edward Maclean am Kontrabass oder Arne Jansen an der Gitarre, sie alle sind exzellente Musiker, die Wülkers Einladung dankend annehmen und abwechselnd zu überzeugen wissen. Vor allem
Jansen zeigt sich als vielseitiger Virtuose, der sowohl sanfte Jazz-Melodien als auch kraftvollen Rock beherrscht: Bei dem bereits etwas älteren „Safely Falling“ dreht er irgendwann kräftig auf,
während der bereits zu Anfang brillierende Benny Greb ihm Rückendeckung gibt. Und dann kommt noch Wülker mit seiner Trompete dazu, stilvoll hineinröhrend. Großartig.
Alle zehn Titel des neuen Albums, mit dem sich Wülker nach etwa drei Jahren zurückmeldet, präsentieren er und seine Band dem begeisterten und immer begeisterter werdenden Publikum. Feine Balladen
wie „September Skies“ mit einem gut aufgelegten Edward Maclean, kecke Swing-Stücke wie „Itchy Feet“ oder lebhafte Kompositionen wie „Today's Gravity“, mit dem sich der passionierte Bergsteiger
Wülker an die Aufhebung der Schwerkraft macht. Erfolgreich – nicht zuletzt das ausgiebige Piano-Solo Dupplers scheint von allen irdischen Beschränkungen befreit. Doch zugleich gelingt es den
Musikern, nicht völlig abzuheben, nicht in abstrakte Klangwelten zu entfliehen, in die ihnen nur die wenigsten zu folgen vermögen, sondern stattdessen zugänglich zu bleiben, nachvollziehbar,
klar. Bodenhaftung trotz Schwerelosigkeit.
Mit genau dieser Mischung aus Leichtigkeit und Ernst setzt sich die Band auch mit den drei älteren Stücken des Abends auseinander, die in dieser Besetzung so noch nicht erklungen sind. Neben
„Safely Falling“ nimmt sich das Quintett „Uphill“ und „Fast Forward“ vor – und setzt erneut Akzente. Das Drum-Solo von Benny Greb bei dem erstgenannten Titel ist einer der Höhepunkte des
Konzerts, das zweite Stück sorgt als letzte Zugabe für das große Finale. So macht Jazz Spaß.
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