Sie kommt ohne Panaden-Kostüm. Ist besser so. Das wäre zu weit gegangen, hätte Barbara Ruscher in ihrem Solo-Programm „Panierfehler! Ein Fischstäbchen packt aus“, das sie am Freitag im Bonner
Pantheon präsentierte, zu sehr auf die peinlich-alberne Seite gebracht. Auf jene mit iPhone-Witzen, Erektionsliedern und Hundekot-Phantasien. Auf die Barbara Ruscher auch gut verzichten könnte.
Wenn sie denn wollte.
Doch sie will nicht. Stattdessen versucht es die Mittvierzigerin mit einem Balance-Akt zwischen diesen teils eher platten und vor allem von anderen Künstlern hinlänglich bekannten Comedy-Ansätzen
und pfiffigen, pointierten Geschichten über das Leben in Köln-Sülz, in der ehemalige Langzeitstudenten Karnickel-Komplexe durch Klugscheißer-Produktion verursachen und ihr Leben mit Seehofer 4,
Dinkel-Weckmännern und Apfelschnitzchen gegen physikalische Tangenten von Jim-Dschingis bereichern. Großartig, mit hervorragendem Timing – das ist Barbara Ruscher in Höchstform. Vor allem ihre
Lesungen aus dem Blog von Säugling Mia sorgen für Begeisterung: Das kleine Würmchen ist bereits vor der Geburt hellwach, verweigert sich zuerst den Schrei-Kommandos der Mutter, bequemt sich dann
doch in die Unsicherheit dieser Welt und sorgt unter anderem im Prager Eltern-Kind-Programm (PEKiP) sowie bei der Ostereier-Suche für Wirbel.
Auf der anderen Seite versucht sich Barbara Ruscher als Männerversteherin, schimpft auf eigentlich zur Kommunikationsförderung gedachte Handys mit Grillmeister-App, findet Salzgebäck ihres
Freundes in ihrer Handtasche und weiß dank Facebook, was dieser denkt, wenn er schweigt. Ah ja. Zugegeben, die vermeintlichen Frauenversteher der Comedy-Welt (Mario Barth etwa, oder der
inzwischen umgepolte Ingo Appelt mit seinem Göttinnen-Programm) machen es nicht besser, doch warum Ruscher jetzt ihrerseits auf den uralten Geschlechterkampfzug aufspringen muss, bleibt ein
Rätsel. Scheint aber eine Berufskrankheit zu sein: Nahezu alle deutschen Komikerinnen haben dazu jede Menge zu sagen. Und schweigen lieber bei der Tagespolitik.
Von der hält sich auch Barbara Ruscher fern. Schade, denn eigentlich beherrscht sie auch dieses Metier, kann lässig am Klavier sitzend nicht nur über ihr Lieblingsthema Elterngeld, sondern auch
über all die anderen Themen sprechen, die die Welt umtreibt. Doch die gebürtige Rheinbacherin verzichtet weitgehend und spielt lieber schöne Melodien zu absurd-überfrachteten, metrisch
inkonsequenten und dennoch (oder vielleicht gerade deswegen) vom Publikum bejubelten Texten, träumt etwa davon, ein Mann zu sein, ohne allerdings eine Erektion im Freibad zu kriegen, belächelt
ihre Generation oder setzt zu einem melodielosen Protestsong gegen Weichmacher im Kinderspielzeug Giraffe, Kuh und Elefant zusammen, ein bisschen Doktor Moreau spielend. Immerhin erklingt auch
ein wunderbar morbides Lied über eine Bofrost-Männer zerstückelnde Eissplittertortensüchtige. Geht doch.
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