Illusionen aus Schatten beherrschen die Bühne. Tiere, Autos, ganze Städte erscheinen aus dem Nichts und fließen wieder auseinander, mal gigantische Projektionen und mal faszinierende Details. Eine ständige Transformation, hervorgerufen durch die Körper des Ensembles der Tanzkompagnie Philobolus, deren traumhafte Show „Shadowland“ am Mittwoch und Donnerstag in der Beethovenhalle begeisterte und die heute in Koblenz zu sehen ist. Getanztes Schattentheater in Perfektion – und das alles dank einer Autowerbung.
Ursprünglich hatte Hyundai angefragt, ob Philobolus ein Auto darstellen könnte, ohne eines zu zeigen. Es funktionierte, wie die Tanzkompagnie unter anderem bei der Oscarverleihung 2007 bewies:
Körperknäuel warfen ihre Schatten auf eine Leinwand, aus drei wurden zwei Dimensionen, Arme und Beine schufen die gewünschten Formen – und der Zauber wirkte. So gut, dass Philobolus weiter
experimentierte und „Shadowland“ erschuf: Die Geschichte eines jungen Mädchens, das in der Schattenwelt zu sich selbst findet. Von einer Art göttlicher Hand mit einem Hundekopf versehen trifft es
auf abenteuerliche Gestalten, muss vor verrückten Köchen und makabren Zirkusartisten fliehen, wird ausgenutzt und in einer bittersüßen Szene von einem Cowboy verstoßen, bis es schließlich bei
einem Pferdemenschen Liebe und Zuneigung findet. Und damit die Kraft, sich selbst zu verändern, ohne Hilfe von außen, ohne den Deus ex machina das Tiergesicht abzunehmen, wieder Mensch zu werden.
Die Metamorphose ist abgeschlossen.
„Shadowland“ ist ohne Zweifel eine der besten Produktionen, die man derzeit in Deutschland erleben kann. Die herausragenden Tänzer, die meistens hinter der Projektionsfläche aktiv sind, aber
immer wieder auch im vollen Licht leicht bekleidet ihre Körperkunst zeigen, schaffen mit ihrer Choreographie fantastische Welten, ziehen das Publikum innerhalb kürzester Zeit in ihren Bann. Was
genau hinter der weißen Leinwand vor sich geht, bleibt dabei ein Geheimnis: Wie entstehen Elefanten, Kamele, Seepferdchen und andere Tiere, wie laufende Kessel, Autos oder ganze Burgen? Fragen,
die sich unvermittelt aufdrängen, die aber zumindest während der Vorstellung ganz schnell in den Hintergrund treten. Zu spannend ist die märchenhafte Geschichte, zu fesselnd das Geschehen – vor
allem eine meisterhaft inszenierte Passage, in der das Hundemädchen zu ertrinken droht, ist von großer Emotionalität. Phantastisch. Einziger Wermutstropfen in der ebenen Beethovenhalle war, dass
sich einiges auch auf dem Bühnenboden abspielte, der durch die Köpfe der vorderen Reihen nicht immer optimal einzusehen war. Doch schmälert das nicht das Können der Philobolus-Tänzer, die am Ende
der 75-minütigen Show zu Recht mit einem riesigen Applaus bedacht wurden und sich dafür mit einer ebenfalls umjubelten Zugabe bedankten.
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