Charmant verwirrt – so wirkt Bernhard Schüler manchmal in seinen amüsanten Moderationen. Ob das kommende Stück auf dem neuen Album „Turning Point“ ist oder doch von einem älteren, spielt ebenso wenig eine Rolle wie die, für welche seiner Andreae (anscheinend hatte er Beziehungen mit mehreren) er welchen Song geschrieben hat. Wichtig ist nur, dass der Pianist wieder in die Tasten greift und zusammen mit Drummer Stephan Emig und Bassist Matthias Nowak wundervolle Melodien in die Harmonie entlässt. Das Ergebnis ist ein poetisches Trio-Spiel, in dem Samba-Rhythmen und eine afrikanische Kalimba auf nordische Melancholie treffen. Oder auf taiwanesische Volkslieder.
Die hat das Trio nämlich unlängst auf Bitten des taiwanesischen Kultusministeriums anlässlich des 100-jährigen Staatsjubiläums neu interpretiert und aufgeführt. „Das waren unsere bislang größten
Konzerte, mit bis zu 7000 Leuten“, erzählt Schüler – auch wenn die meisten vor allem gekommen waren, um Sänger Huang-Chi Hsiao zu erleben, einen der bekanntesten Popstars im chinesisch
sprechenden Teil Asiens. In der Harmonie spielte Triosence allerdings ohne ihn und präsentierte eines dieser Stücke rein instrumental. Gut so. Wunderschön ist das Arrangement, elegant, in einer
Suite mit dem hinzukomponierten „Ilha formosa“ gespielt. Taiwan trifft Portugal, Ost trifft West. Einfach toll.
„Wir haben auf unserem neuen Album vieles ausprobiert, haben neue Wege beschritten“, erzählt Schüler. Es waren die richtigen. Obwohl die Stücke, wie zum Beispiel das ursprünglich als Duo gedachte
und dann ausgeweitete „A far off place“, an einigen Stellen äußerst komplex sind, klingen sie nie angestrengt oder bemüht, sondern immer locker und frisch. Einmal ist dafür auch das Publikum
mitverantwortlich, das von Stephan Emig dazu angehalten wird, einen kontinuierlichen weichen Rhythmus auf den Schenkeln zu klopfen, ganz fein, zurückhaltend – bis Emig dann mehr fordert und die
Menge so zu einem Teil seines Schlagzeugs macht.
Immer wieder erzählt Schüler auf seine besondere Art auch die Geschichten hinter den Stücken: Etwa die des Umzugssongs „A road ahead“, dessen Mittelteil einem befreundeten Gitarristen immer zu
nett klang, bis Schüler irgendwann, an einem schlechten Tag, die richtige Portion Bosheit fand; oder die des spontanen Urlaubs, den sich der Komponist mit 18 Jahren, frisch mit dem Führerschein
ausgestattet, in Kroatien gönnte und dafür von seinen Eltern ziemlichen Ärger bekam. „Es braucht schlechte Erfahrungen, damit gute Songs entstehen“, sagt Schüler dazu nur lakonisch. „Andere
machen Sport, um sich abzureagieren – ich schreibe eben Stücke.“ Nun, man soll ja niemandem etwas schlechtes wünschen. Aber in diesem Fall könnte man zum Wohle des Jazz fast schon eine Ausnahme
machen.
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