Manche Fragen sollte man nicht stellen, ohne auf alles gefasst zu sein. Etwa die nach Begriffen, über die man spontan einen a-capella-Song basteln soll. Vor allem in Universitätsstädten mit altklugem Publikum können da manche Rufer auf zu schräge Gedanken kommen. Dennoch haben sich die Pantheonpreisträger von Maybebop nun in Bonn dieser Prüfung unterzogen – und erhielten prompt die Quittung. Neben Dosenpfand, Waffeleisen, Hauptschulabschluss und dem Kosenamen Zuckerbienchen durften sich Lukas, Jan, Sebastian und Chefdichter Oliver ausgerechnet mit dem Homoioteleuton herumschlagen, von dem kaum jemand ohne Lexikon weiß, was das überhaupt ist (eine rhetorische Figur, bei der mehrere Wörter die selben Endungen haben, somit eine Unterart des Reims: „Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen“), geschweige denn, wie es ausgesprochen wird.
Es belegt den Mut und die Improvisationsfähigkeit von Maybebop, dass die Vier die quälende Herausforderung nicht nur annahmen, sondern auch bravourös meisterten. Und das streng genommen in einer
Zugabe. Denn das eigentliche Hauptprogramm war schon nach 15 Minuten vorbei: Ein Schnelldurchlauf durch diverse Genres, ein paar standardmäßig eingepflegte Cover-Versionen, Parodien auf sich
selbst und das Musikgeschäft, und aus die Maus. Pflicht erfüllt. Es folgte die Kür. Mit Bestnote, trotz einiger gemeiner Stolpersteine wie dem Homoioteleuton. Denn Maybebop machte fast alles
richtig, präsentierte viele selbstgeschriebene Ohrwürmer, war in stilistischer Hinsicht abwechslungsreich, außerdem witzig und vor allem authentisch. Kein aufgesetztes Lachen, keine erzwungen
lustige Moderation. Stattdessen auch mal echte Verzweiflung, als sich Maybebop etwa selbstkasteiend als menschliche Karaoke-Maschine fürs Publikum anbot und nach einem Mangel an Meldungen
schließlich von einer Frau in Beschlag genommen wurde, die unbedingt die dritte Stimme von „Hebet deine Augen auf“ singen wollte, sich von der Unkenntnis des Quartetts nicht beirren ließ und
schließlich ihren Willen bekam, während die Jungs sowohl alternativlos als auch belustigt für ein psychedelisches Fundament sorgten.
Im Repertoire hatte Maybebop viele ganz frische Songs aus ihrer „Weniger sind mehr“-Tour. Darunter fanden sich einige echte musikalische Diamanten, etwa das wunderbar weiche „Kleiner grauer
Falter“ oder die exzellente Vertonung von Goethes „Erlkönig“. Auszüge aus dem englischsprachigen Album „German verboten“, mit dem das Quartett Anfang April gleich zwei Preise bei den renommierten
Contemporary A Capella Recording Awards abräumte, fehlten dagegen. Dafür waren gegen Ende beliebte Titel wie die an Rammstein angelehnte „Kacktus“-Version mit dem Grimassen schneidenden
Düster-Bass Sebastian im Programm – und eine Cover-Version, die eigentlich unmöglich sein müsste. „Music“ von John Miles a capella? Unglaublich, aber das geht. Und wie. Lukas und Jan schafften es
tatsächlich, in der nötigen Höhe zu klingen, und ein brillantes Arrangement ließ selbst die bombastischen Instrumentalteile im Vokalgewand gut aussehen. Dafür gab es die Höchstwertung. Und
Standing Ovations.
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