Irgendwie kennt man das alles: Diese Harmonien, diese Melodien, selbst die Soli. Könnte man eine E-Gitarre mit ans Lagerfeuer nehmen, Aynsley Listers Songs würden dort wahrscheinlich ebenso gerne gespielt werden wie die von Bryan Adams. Was eigentlich schade ist, wurde Listers Name früher doch in einem Atemzug mit Joe Bonamassa, Derek Trucks und Buddy Guy genannt, wurde ähnlich wie Jonny Lang sehr früh sehr hoch gehandelt. Doch der britische Blues-Gitarrist, der am vergangenen Montag in der Harmonie vor gut 300 Fans spielte, scheint inzwischen mehr auf die gemäßigten denn auf die aufregenden Töne zu stehen: Sein Konzert, bei dem er sein neues Album „Home“ vorstellte, strotzte vor Nettigkeiten, schönen Melodiefolgen, gefälligen Instrumentalparts. Kurzum ein überraschend konservativer Auftritt.
In Sakko und Jeans ließ der charismatisch lächelnde Lister seine Gitarre singen oder griff selbst zum Mikrofon – wobei vor allem letzteres erneut annehmbar, aber leider auch austauschbar war.
Große Akzente setzte der 36-Jährige so nicht, selbst wenn er, wie bei „Free“, das Lied einem verstorbenen Freund gewidmet hat. Melodiöser Gitarrenrock ohne besonderes Profil. Schade. Zumal Lister
eigentlich mehr kann. Immer wieder setzte er in der Harmonie zu herrlichen Soli an, jagte gefühlvoll über die Saiten, ließ sich von Bassist Steve Amadeo und dem starken Drummer Boneto Dryden (der
kurz vor der Pause noch eine Tom zerstörte) unterstützen, wechselte sich auch mal mit dem Tastenvirtuosen André Bassing ab, nur um dann doch wieder in den Mainstream abzugleiten. Und es sagt
schon viel aus, wenn eine der stärksten Nummern des Abends nicht aus Listers eigener Feder stammt: Das inzwischen mindestens 50 Mal gecoverte „Feeling Good“ war erfreulich kraftvoll, auch der
Gesang konnte überzeugen. Ganz im Gegensatz zu dem fast schon belanglos wirkenden „Purple Rain“, das Lister auf Wunsch eines Mannes aus dem Publikum zum Besten gab und das wie viele andere Songs
auch ganz nett, aber eben nicht herausragend war.
Bei aller Kritik: Das Konzert von Aynsley Lister war kein Reinfall, nicht abgrundtief schlecht oder peinlich. Sondern solide, ordentlich, annehmbar. Doch gerade im Bluesrock, aus dem der Brite
eigentlich entsprungen ist, sollte dies zu denken geben. Ja, er kann wunderbar Gitarre spielen, beherrscht sowohl die zarten als auch die harten Töne. Und ja, er versucht den Brückenschlag
zwischen eingängigem Pop, Blues und Jazz, was ja durchaus Erfolg versprechend sein kann, wie auch die begeisterte Reaktion des Bonner Publikums zeigte. Dennoch würde man sich wünschen, dass
Lister zumindest ab und zu das Sakko ablegt, Austauschbarkeit durch Individualismus ersetzt und sich wieder mehr auf das konzentriert, was er sechs Jahre zuvor auf „Upside Down“ noch gemacht hat.
Mehr Abwechslung, mehr Mut und mehr echter Bluesrock würde Listers Musik nämlich sicherlich gut tun.
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