„Sie brauchen sich für nichts zu schämen, dafür ist es schon zu spät“, ruft der allwissende Altbauer, der in bester Cattle-Coaching-Manier dem Pantheon-Publikum (anstelle von normalerweise sehr zahlungsbereiten Managern) eine tierische Erfahrung ermöglichen will. Und fordert wieder zum kollektiven Muhen auf, zum Ausstoßen des Urtons, um die Energie der Rindviecher zu spüren. Warum? „Die meisten Entscheidungen in der deutschen Wirtschaft sind ganz klar Pansen-Entscheidungen“, erklärt der selbsternannte Guru, hinter dem der Prix-Pantheon-Preisträger Maxi Schafroth steckt. Daher auch sein Mantra „Ich habe einen Pansen“. Bitte einmal im Chor! Also ruft's der ganze Saal. Noch etwas zurückhaltend, aber immerhin. Der anfängliche Ratschlag scheint gewirkt zu haben.
Albern ist es schon, was Schafroth in dieser Rolle durchzieht. Aber vielleicht braucht der 28-Jährige das, um dem Konflikt zwischen Münchener Bänkerlehre und Allgäuer Heimathof zumindest
kurzfristig zu entgehen. Oder um ihn zu lösen. Denn in der Figur seines Tourismus-Experten mit den Selbsterfahrungskursen stößt erfolgsorientiertes Denken auf ländliche Lakonie und überzeichnete
Bauernschläue. Merke: Alles kann man vermarkten. Selbst das Allgäu. Zur Not wird eben eine Delfintherapie in der Güllegrube angeboten. Und weil das mit Flipper und seinen Artgenossen nicht so
ganz klappt, werden kurzerhand die Rinder ins Wasser geschubst. So lange irgendwelche Hornochsen dafür zahlen...
Mit Verve und jeder Menge Witz bringt Schafroth Yuppie-Mentalität und schwäbische Sparsamkeit unter einen Hut. Egal in welchem Bereich: Kulinarisch trifft Ingwerschaumsüppchen mit Physalis-Dekor
auf die Allgäuer Restepfanne (mit echter Einbrenne), verbal energetisches Denglisch auf verdichtete Wortpakete und musikalisch, dank Gitarrist Markus Schalk, hippe Lounge-Melodien auf
volkstümliche Rhythmen. Dabei sind die Sympathien des Kabarettisten bei aller Witze über seine Heimat klar: „Ich will ein ländliches Wertesystem implementieren“, gesteht er. Und fängt mit einem
kleinen Vokabeltraining an. Gar nicht so einfach, versucht man im Allgäu doch, den Wortausstoß auf Null zu reduzieren. Und wenn dann doch was gesagt wird, dann kurz und knapp. „Wir gehen sehr
nachhaltig mit unserem Wortschatz um“, erklärt Schafroth, der zumindest in diesem Aspekt kein typischer Vertreter seiner Spezies ist. Denn im Gegensatz zu seinem eher zu sprachlichen Rudimenten
neigenden Vater hat er viel zu erzählen: Von Fahrten mit dem Drei-Neuner-Fendt samt Fellausstoß, ausgiebigen Stammtischsitzungen mit Meditationsansatz, mitternächtlichen Stinkkäse-Gelagen und
mehr oder weniger rationalen Gründen für ein (zumindest für einen Klischee-Schwaben) zutiefst romantisches Balzverhalten. Dem gegenüber offenbart der Wuschelkopf die Welt von Silke und Jörn, dem
gut situierten Manufactum-Paar aus der Finanzbranche, für das anscheinend der Nasallacher erfunden wurde. Wünschenswert erscheinen beide Leben nicht. Zumindest nicht so. Vielleicht ist eine
Symbiose dieser beiden Kulturen doch gar keine so schlechte Idee. Und wenn der Urton dabei hilft, soll Schafroth ihn eben kriegen. Muh!
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