Wie eigentlich jeden Herbst zieht so langsam die erste Erkältungswelle übers Land – und die Mitglieder von BonnVoice hat es voll erwischt. Mehrere Stimmen seien angeschlagen, wurde im Vorfeld ihres Konzerts im Pantheon gemunkelt. Ausgerechnet in ihrem „Wohnzimmer“, wie der Chor den Kleinkunsttempel bezeichnet. Doch die Gruppe um Leiter Tono Wissing zog den Auftritt durch – und konnte trotz mancher Schwächen letztlich begeistern.
Dabei sah es vor allem in der ersten Konzerthälfte so aus, als hätten die Erkältungsfälle die Oberhand: Solostimmen wackelten, Einsätze saßen nicht ganz exakt, an manchen Stellen fehlte die
Spannung. So etwa bei „I believe I can fly“ oder dem recht trägen „For all we know“. Bei einem Ensemble, das sich ungeachtet der mächtigen Konkurrenz durch den Bonner Jazzchor als DIE Pop- und
Jazzchorstimme der Bundesstadt versteht, war das fernab des erwarteten Niveaus. Besser lief es da in den flotteren, eng geführten Chorstücken: Vor allem Bobby McFerrins Circle-Song „Say Ladeo“
(den Bonnvoice leider nicht der Gattung entsprechend improvisatorisch umsetzte) und das lediglich etwas zurückhaltende Damen- beziehungsweise Königinnensolo „Somebody to love“ zeigten die
klanglichen Qualitäten und wurden vom Publikum bejubelt.
Doch erst nach der Pause offenbarte BonnVoice seine wahre Stärke. Abgesehen von dem erschreckend schwachen „Summertime Madness“, für das Solist Yvo Adrian einfach nicht fit genug war, überließ
der Chor nicht länger den Erkrankungen das Feld. Schon das komplexe „Good Times“, bei dem unter anderem „Another one bites the dust“ auf Daft Punks „Around the World“ traf, konnte begeistern,
ebenso wie die herrlich freche Version von „Fernando“, für die den Sängern bei einem Wettbewerb der Vorwurf gemacht wurde, sie nähmen ABBA nicht ernst. Doch eigentlich sind die vier
Vorzeige-Schweden nur so noch singbar. Ganz anders als „Gabriella's Song“ aus dem traumhaften Film „Wie im Himmel“ – hier blieb BonnVoice ganz eng am Original, ließ aber trotz einer schönen
Solostimme (Betti Pracht) leider das nötige Volumen vermissen, um jenes Gänsehaut-Gefühl zu erzeugen, das eine gute von einer herausragenden Interpretation unterschiedet. Beeindruckend dagegen
„Mountains“, bei dem vor allem Solistin Ruth Köllner mit kräftigem Soul in der Stimme faszinierte, sowie das eigentlich für Chris Martins Countertenor geschriebene Coldplay-Stück „Fix You“, das
Bass Bernd Schenkelberg überzeugend umsetzte.
BonnVoice war übrigens nicht alleine ins Pantheon gekommen. Vielmehr hatten sie sich mit „Sunday Morning“, einem ebenfalls von Tono Wissing geleiteten Jugendchor, eine Art Vorband eingeladen. Die
Teenager setzten dabei die Messlatte für BonnVoice hoch an: Ihr „Shackles“ und vor allem die mit exzellenter Choreographie unterfütterte Wise-Guys-Parodie auf „Thriller“, die den Schiller-Schreck
besang, zeigten eindrucksvoll das Potenzial der jungen Sänger. Einzig das ebenfalls von den Wise Guys eingedeutschte Britney-Spears-Stück „Hit me baby one more time“ war zusammen mit der erneut
anspruchsvollen Tanz-Performance vor allem für die dauernd in die Kopfstimme wechselnden Tenöre und Bässe zu viel. Aber das kann, nein wird ja noch kommen.
Kommentar schreiben