Da röhrt sie wieder, die „Scottish Queen of Rock“! Kratzig, kantig, kernig. Mit ihrem markanten Organ komplettiert die ehemalige „Stone the Crows“-Frontfrau Maggie Bell endlich die Hamburg Blues Band, die zu ihrem alljährlichen Konzert in die Bonner Harmonie gekommen ist. Jetzt kommt Butter bei die Fischköpfe. Und Abwechslung. Denn im Gegensatz zur ersten, von exquisiten Gitarren-Soli geprägten Hälfte decken die nordisch-schottischen Bluesrocker Um Gert Lange und Woodstock-Veteran Miller Anderson (ehemals Keef Hartley Band) nun eine größere Bandbreite ab.
Neben dem Free-Klassiker „Wishing Well“ oder „Penicilin Blues“ darf Bell auch erfolgreich mit Tom Waits konkurrieren („Way down the hole“), eine extra für sie geschriebene wunderschöne
Folk-Ballade mit eindeutigen keltischen Anklängen singen („My love was in chains“) und bei „Respect yourself“ sogar Kylie Minogue zitieren. „It's just a great riff“, erklärt sie. Das muss ja wohl
reichen, um jedwede Anwandlung von elitärem Bluesrock-Reinheits-Gehabe im Keim zu ersticken. Zumal es tatsächlich funktioniert: Der Disco-Beat des Mono-Silben-Refrains aus „Can't get you out of
my head“ macht Laune, das Publikum singt enthusiastisch mit, und auch der Wechsel zurück zum „Staple Singers“-Soulhit wirkt völlig ungekünstelt. Also: Auch Kylie kann etwas zu gutem Rock
beitragen. Zumindest wenn eine gerade 69 Jahre alt gewordene Schottenröhre hilft.
Doch schon die erste Konzertstunde hatte einiges zu bieten. Miller Anderson war in bester Plauderlaune, verriet Hintergründe zu seinen eigenen Songs, darunter das bei Woodstock gespielte „Just a
cry“ („Die Opas und Omas, die das Stück noch kennen, können gerne mitsingen“) sowie „Little man dancing“, das als Kritik an Plattenbossen und Agenten gedacht ist, die sich an unbedarften
Künstlern eine goldene Nase verdienen. Auch zu dem für Spencer Davis geschriebenen Roadie-Song „Folk on the Highway“ hatte Anderson viel zu erzählen – so viel, dass HBB-Frontmann Gert Lange nur
lächelnd mit den Augen rollte und schließlich ein „Ende des Gesabbels“ forderte. Schließlich sollte vor allem gespielt werden. Nicht gequatscht. Also griffen Anderson und – zu einem geringeren
Anteil – Lange in ausgiebigen Soli in die Saiten, zur Mundharmonika oder zum auch mal als Steel Bar missbrauchten Mikrofonständer, während Bassist Michael Becker stoisch zusammen mit dem
expressiven Drummer Hans Wallbaum für das nötige Fundament sorgte. Eine Pflichterfüllung, die nicht unbemerkt und unerwähnt blieb: „Gert hängt da an der Wand, ich auch“, sagte Anderson mit Blick
auf die zahlreichen Fotos, die den Saal der Harmonie schmücken, „aber weder unser Bassist noch unser Drummer. Dabei haben wir die besten.“
So exzellent das Zwiegespräch der beiden Gitarristen auch war, so unterhaltsam der ständig zu Späßen aufgelegte Anderson und so charismatisch die Rampensau Lange: Erst mit Maggie Bell ist die
Band wirklich vollständig. Umso bedauerlicher, dass es nicht zu einem echten Duett zwischen ihr und Anderson oder Lange kommt – das würde den Abend wirklich abrunden. Zumal dieser, wenn es nach
dem begeisterten Publikum ginge, ohnehin noch ein paar zusätzliche Stunden haben dürfte. So bleibt nur die Hoffnung auf 2015. Dann, so der Plan, kommt die Hamburg Blues Band wieder. Hoffentlich.
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