Eigentlich hat Matthias Richling die Nase voll von Deutschland. Alle wollen was verbieten, selbst die Grünen, da bleibt doch nur die Auswanderung. Kommen ja ohnehin genug nach. Doch warum ausgerechnet Richling sich beschwert, der selbst Pressefotografen aus seiner Show „Deutschland to go“ in der Bonner Oper verbannt (wahrscheinlich damit einzig jene Bilder verwendet werden, die ihn im für ihn rechten Licht darstellen) und mit dem Gedanken spielt, alle Parteien vom Verbraucherschutz wegen Deklarationsmängeln aus dem Verkehr ziehen zu lassen...
Andererseits passt diese Einstellung gut zu einem Kabarettisten, der gerne Politiker karikiert, parodiert und letztlich vorführt, sich mit einer eigenen Meinung aber auffällig zurückhält. Hinter
bunten Koffern stehend stottert Richling als Angela Merkel („Ich bemühe mich, kein Thema besonders hervorzuheben“), Volker Kauder („Frau Merkel bestimmt die Eckpunkte der Politik, und an diesen
Ecken hebe ich mein Bein“), Franz-Walter Steinmeier („Wir brauchen die Pannen“) und Cem Özdemir („früher haben wir auf die Werte der Menschen geschissen“) weitgehend belanglose und teils ermüdend
vorurteilsbehaftete Plattitüden, den entsprechenden Duktus mal mehr, mal weniger gut treffend und inhaltlich häufig weit über das Ziel hinausschießend. Den Grünen wirft er letztlich vor, ihre
Positionen zwischen Parteigründung und Regierungsverantwortung zum Teil drastisch geändert zu haben, nur um zugleich die unleidliche Pädophilie-Debatte als Kampfwort in den Raum zu werfen, ohne
sich genauer mit ihr auseinanderzusetzen; an der CDU kritisiert er, dass sie keine Positionen hat; und bei der SPD sieht er als Restauranttester Rach nur eine Grundversorgung aus dem 19.
Jahrhundert gegeben, mit der man heute keinen mehr hinter dem Ofen hervorlocken könne. Fazit: Alle Parteien haben es falsch gemacht.
Dabei zeigt Richling durchaus interessante Ansätze. So spricht er von einer „parlamentarischen Demoskopie“, in der gewählt wird, wer in Talkshows und bei Umfragen am besten abschneidet – doch
diesen Gedanken führt er ebenso wenig aus wie den der Freiseelen- statt der Freikörperkultur, der Selbstentblößung im Internet mit Facebook als selbst geschriebenem Stasi-Archiv. Schlagworte ohne
wirkliche Substanz. Und wenn, dann fast immer gebrochen durch eine weitere Karikatur. Die Momente, in denen Richling selbst etwas aussagt, ganz ungefiltert und freimütig, sind selten. Dabei geht
es ihm auch um Freiheit und Menschenrechte, die aufgrund eines Generalterrorverdachts so eingeschränkt werden, „dass wir auf einem guten Weg sind, genau das abzuschaffen, was die Terroristen
ursprünglich zerstören wollten.“
Natürlich äußert sich Richling auch zur Frauenquote, zum Berliner Flughafen und zum Steuerbetrug von Uli Hoeneß – letzteres dient dann gleich mal zur Generalabrechnung mit der verschwenderischen
Regierung und ihren milliardenschweren Großprojekten. Passt ja. Den besten Eindruck macht der Satiriker aber, als eigentlich schon alles vorbei ist: Als Zugabe seines knappen
90-Minuten-Turboprogramms bietet er, auf einmal von aller Anspannung befreit, einen köstlichen Dialog zwischen den beiden Altbundeskanzlern Helmut Schmidt und Gerhard Schröder, der gerade deshalb
zu überzeugen vermag, weil er eben keine hochkomplexen Themen anschneidet und so den Fokus zu Recht auf die Darstellung legt. Manchmal ist einfach einfach besser.
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