Mögen sich auch alle demokratischen Staaten aus Angst vor den USA zieren: Der Pink Punk Pantheon zeigt der Welt, was eine Harke ist, und gibt bei der Premiere des 31. Sessionsprogramms demonstrativ Edward Snowdon Asyl. Das ist für das Ensemble selbstverständlich, ist schließlich Ausdruck des rheinischen Lebensgefühls. Hier sind alle willkommen: Whistleblower, Wissenschaftler, ehemalige Außenminister. Selbst Beueler. Nur die NSA, die könnte ruhig draußen bleiben. Und wenn nicht, auch egal – lediglich die wichtigsten Informationen (wie etwa der Rechenschaftsbericht des FKK Rhenania) werden besonders geschützt, ansonsten halten sich die mitteilungsfreudigen Mitglieder der kabarettistischen Karnevalsrevue nicht zurück, reihen eine mal mehr, mal weniger gelungene Satire an die nächste. Globale Themen treffen auf lokale, Veggie Day und Olympia-Vergaben auf die Folgen der Bonner Haushaltssperre und den Antrag, den rheinischen Karneval als immaterielles Weltkulturerbe der Unesco anzuerkennen. Ein bunter Abend.
Und ein langer. Inklusive Pause bietet der PPP gut vier Stunden Programm, an dem nicht zuletzt die beiden Alterspräsidenten Fritz und Hermann (Rainer Pause und Norbert Alich) einen beträchtlichen
Anteil haben. Mit der üblichen Mischung aus Wahnsinn, Kauderwelsch und bissiger Brillanz (vor allem in der exzellenten Präsidiumsrede) generiert sich das Duo als erratischer roter Faden, mal über
den Kunstbegriff sinnierend, dann wieder über die Protestantisierung der katholischen Kirche durch unwürdige Reliquienlagerung. Auch Selbstironie scheint durch: Die traumatisierenden
Kuss-Attacken von Fritz auf junge, hübsche, Kölsch bringende Kellnerinnen gewähren den Opfern inzwischen ein Anrecht auf einen Behindertenparkausweis, den nun Beate Bohr ebenfalls gerne ihr eigen
nennen möchte. Was dank eines irritierten Fritz einfacher klingt, als es letztlich ist.
Zwischen den Ausführungen des trinkfesten PPP-Doppelkopfs hat Regisseurin Molly Spitta die Ensemble-Nummern eingestreut, von denen allerdings einige etwas lieb- und belanglos wirken. Ob etwa das
an sich schöne Wortspiel „Ich bin ein Boiler“ eine lauwarme Durchlauferhitzer-Gesangseinlage rechtfertigt, sei dahingestellt. Auch der Auftritt von Karl dem Großen zu seinem 1200. Todestag und
ein kollektives Vogelmassaker durch wild wedelnde Windräder scheinen unfertig, auf die stürmische Pointe wartend, die letztlich nur als laues Lüftchen daherkommt. Und warum das geplante
Festspielhaus zu Beethovens Ehren ausgerechnet durch eine Stammtischdiskussion zur Würdigung von „Jahrhundertklempner Ernst Unkelbach“ thematisiert wird, bleibt ein Rätsel – eine Kritik, die sich
nur daran entzündet, verglimmt von der ersten Sekunde an. Keine Glanzleistungen, so gerechtfertigt die aufgegriffenen Themen auch sind.
Doch es geht auch anders: Der prophetische Blick in die Zukunft der katholischen Kirche am Beispiel der St.-Aegidius-Gemeinde im Jahr 2034 spielt hervorragend mit sämtlichen Klischees von
schwulen Priestern, ordinierten Ehefrauen und dem Kreuzsplitter für Ebay schnitzenden „Sakralstalinisten“ Tebartz. Nicht minder köstlich der Aufmarsch der Unfreiwilligen Feuerwehr, in der
aufgrund der Haushaltssperre Esoterikerinnen, spielfreudige Cineasten, Pyromanen und Öko-Fetischistinnen Fronarbeit leisten müssen. Die Bonner Wissenschaftlerinnen beziehungsweise Nerdinnen sind
derweil in Feldversuchen zur karnevalistischen Komik äußerst erfolgreich, und ein Ehepaar (Beate Bohr und Tunc Denizer) findet in dem wahrscheinlich besten Sketch des Abends ohne Worte und vor
allem ohne Eckart von Hirschhausen sein privates Glück. Ebenfalls noch erwähnenswert sind die zahlreichen, von der exzellenten Band begleiteten musikalischen Darbietungen, von
Heino-Kurzauftritten über ein wunderbar Satchmo-artiges „Hello Dolly“ bis hin zum glänzend gesungenen „Skyfall“ von Maryam Yazdtschi. Dafür lohnt sich der PPP eben immer.
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