Was für eine Besetzung! Zum zehnjährigen Jubiläum der „Blues Caravan“ hat Organisator Thomas Ruf drei bemerkenswert unterschiedliche Künstler nach Deutschland geholt: Einen Duracell-Rock-'n'-Roll-Gitarristen auf Speed, einen Jüngling, der ohne Mühe Johnny Lang beerben kann, und eine blonde Walküre mit wahrhaft orgiastischem Spiel. Nun hat das Trio in der Bonner Harmonie ihren Tour-Abschluss in dieser Besetzung gefeiert – und bei der Gelegenheit gleich noch eine DVD aufgezeichnet.
Zum Auftakt darf die Norwegerin Christina Skjølberg ran, die im kurzen, großzügig dekolletierten Kleidchen all ihre Vorzüge ins rechte Licht zu rücken suchte – ein Ansatz, den inzwischen die
meisten Blues-Gitarristinnen verfolgen, so als ob ihr musikalisches Talent alleine nicht ausreicht. Dabei hat Skjolberg mehr zu bieten als nur eine gute Figur: Hart geht sie mit ihrem Instrument
ins Gericht, lässt es krachen, jaulen und wimmern, spielt sich gar manches Mal in einen ekstatischen Rausch, so wie es einst auch der auf ihrem Arm verewigte Jimi Hendrix tat. Hat was. Doch
manchmal lehnt sich Skjølberg etwas zu weit aus dem Fenster, dreht den Regler in Richtung Lärm und vergisst dabei, dass sie trotz aller Bemühungen eben kein weiblicher Hendrix ist. Denn den
besten Eindruck macht die teils recht nervös und steif wirkende Blondine genau dann, wenn sie auf den allzu brachialen Klang verzichtet, der ihre doch recht klare, nur unter massivem Druck rau
klingende Stimme regelmäßig übertönt.
Da spielt Laurence Jones gleich in einer ganz anderen Liga. Sieht aus wie 16, ist 21 und spielt den Blues wie ein alter Hase. Unglaublich virtuos, aber nie überladen, rockig, aber immer dem
klassischen Zwölftakter verpflichtet: Die Mischung stimmt und wird von Song zu Song besser. „Are you ready for some blues?“, fragt er das Publikum nach zwei Stücken zum Aufwärmen. „Ja!!!“,
schallt es zurück. Also dreht Jones auf, all jene Lügen strafend, die sich bei seinem Anblick lästernd gefragt haben, wie dieser unschuldige Knabe in die Karawane gekommen sei. Es hat schon
seinen Grund, warum ausgerechnet Walter Trout ihn unter seine Fittiche genommen hat und warum auf seinem Album „Temptation“ die Royal-Southern-Brotherhood-Kollegen Mike Zito, Yonrico Scott und
Charlie Wooton mitgewirkt haben. Und spätestens mit seiner Version von „All along the Watchtower“ offenbart Jones diesen: Mal ein druckvolles Brett spielend, dann wieder den Strom abdrehend und
gang ganz leise ein herrliches Solo darbietend, das er lakonisch mit einem „Yeah“ kommentiert, zaubert der Brite sich mit seiner Interpretation des Hendrix-Klassikers in die Herzen des
Publikums.
Als letzter betritt schließlich Albert Castiglia die Bühne, der Show-Veteran des Trios, Jahrgang 1969 und Rock-'n'-Roller aus Überzeugung. Ein hibbeliger Typ und eine geborene Rampensau, ständig
in Bewegung, über die Bühne tanzend, mal im musikalischen Dialog mit Bassist Roger Inniss, dem er sogar ein Solo zugesteht, dann wieder im Publikum unterwegs, vor Frauen kniend und ihnen kleine
Melodien darbietend. Entweder muss Castiglia ein Starkstromkabel verschluckt haben oder eine Großpackung Duracell-Batterien, anders ist diese unermüdliche Energie nicht zu erklären. Rock 'n' Roll
mit 10.000 Watt. Castiglia drückt aufs Tempo, jagt wie ein Wahnsinniger über die Saiten, holt sich aus jedem Applaus noch ein wenig Zusatz-Schub – und blüht doch erst so richtig auf, als am Ende
alle drei Karawanensi für ein paar Stücke gemeinsam auf der Bühne stehen. Jetzt kann der Italo-Kubaner den Ton angeben, jetzt hat er Leute zum Spielen. Jeder darf mal ans Griffbrett des anderen,
eine Ménage-à-trois unter Gitarristen. Das ist es eben, was die Blues Caravan ausmacht.
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