Immer wieder scheint es, als gehören die beiden nicht zusammen: Während Pianist Bojan Zulfikarpašić (alias Bojan Z) sich in virtuosen Läufen auslässt, geht Star-Posaunist Nils Wogram eigene Wege, völlig losgelöst von den Tastenphantasien seines Duo-Partners, sowohl rhythmisch als auch harmonisch. Und doch – irgendwie sind die beiden Musiker, die hier im Kammermusiksaal des Beethovenhauses in ihrer eigenen Welt versunken scheinen, miteinander verbunden, sind sich nicht völlig fremd, kommen beide, wenn auch auf teils unterschiedlichen Routen, zum gesetzten Ziel. Ein faszinierendes Spiel, dass Wogram und Z im Rahmen der Reihe „Aspekte“ zelebrieren. Eines voller neuer Entdeckungen auf der an sich gut kartographierten Karte des Jazz.
Schon das erste Stück gibt diese Linie vor: Während Z den Korpus seines Flügels als Schlagzeug nutzt, bläst Wogram tonlos in sein eigenes Instrument, wird beinahe zum Posaunen-Beatboxer und
entlässt dann doch, ebenso wie sein serbischer Kollege, die ersten Melodiefragmente in die Welt. Warm, mit viel Luft, voller atmender Klänge reizt der bislang jüngste
Albert-Mangelsdorff-Preisträger seine Posaune aus, entwickelt scheinbar unberührt von den Läufen des Klaviers die Komposition weiter – und trifft doch immer wieder auf Z, geht für einen kurzen
Moment parallel zu ihm und läuft dann wieder los oder hält sich bewusst zurück, nie außer Hör-, aber doch zumindest mal außer Sichtweite. Ein Konzept, das an diesem Abend öfters umgesetzt wird.
Dabei geht es auch anders: Gerade bei „Split the difference“ sind sich Pianist und Posaunist erstaunlich nahe; ähnliches gilt vor allem für jene Werke, die aus der Feder von Z stammen.
Auch wenn das Duo dem modernen Jazz frönt, zitieren sie gerne die Tradition, in der sie stehen. In „The Essence“ verweist Wogram auf frühe Jazzstile, lässt seine Posaune gar zu einer lasziven
Barsängerin mutieren, während Z auf einmal kongenial auf den Spuren Fats Wallers zu wandeln scheint, ohne den Meister dabei allerdings zu kopieren – das hat er gar nicht nötig. Kurz darauf
verneigt der Serbe sich mit „Multi Don Kulti“ vor dem Trompeter Don Cherry, der Jazz und Weltmusik verband, was Z wiederum selbst tut, indem er die Volksmusik seiner Heimat in die Komposition
einbezieht. Wobei Wograms Posaune hier mal eben ein Saxofon ersetzen muss. Wenn es weiter nichts ist.Wofür sind Weggefährten denn sonst da? Gemeinsam lassen sich, sehr zur Freude des begeisterten
Publikums, auch solche Klippen überwinden. Danach kann ja jeder wieder auf Abstand gehen. Man muss sich schließlich nicht auf die Füße treten. Freiräume sind besser. Immerhin geht es um Jazz.
Nicht um einen Gänsemarsch.
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