Ja, der Hastenrath, der kennt sich aus. Ist ein echter Kosmopolit. Der war schon in Leverkusen, Köln und Bonn (zuletzt sogar im Haus der Springmaus), besucht gerne Museen (allerdings lieber von außen als von innen), hat sich mit Buddhismus und Hinduismus beschäftigt... Ein Mann von Welt, der Hastenraths Will. Und doch bodenständig geblieben. Der letzte echte Landwirt in seiner Gemeinde, mit ner ganz engen Beziehung zu seinen Tieren. So was sympathisches...
Derartige Lobhudeleien dürften in der Gedankenwelt von Hastenraths Will selbstverständlich sein. Immerhin ist der Bauer, Ortsvorsteher und Karnevalsvereinspräsident von Saeffelen, zumindest wenn
es um ihn selbst geht, ein Meister der Selbsttäuschung, der dem Beckers Heinz aus dem Saarland in dieser Hinsicht in nichts nachsteht. Der leidenschaftliche Fernsehzuschauer, Kneipengänger und
Ehemann hat von allem eine Ahnung, mehr aber auch nicht. Und kommt damit recht gut durchs Leben. Auf „Shades of Grey“ kann er ebenso verzichten wie auf Dessous am Prachtkörper seiner Frau („ab
einer gewissen Quadratmeterzahl muss das wirklich nicht mehr sein“), Mumien sieht er sich lieber im Altenheim Haus Gnadenbrot an als in einer Ausstellung, und auch das Internet war für ihn bis
vor gut zwei Jahren nur eine Modeerscheinung. Immerhin hat Hastenrath ganz andere Sorgen: Etwa seine beiden strohdummen Enkel Justin Dustin und Kevin Marcel, das 23. Kalb seiner Prachtkuh oder
die neue Bushaltestelle im Ort, die diesen ins 21. Jahrhundert katapultieren soll.
Mit viel Humor erzählt der Landwirt, hinter dem der Autor Christian Macharski steckt, aus seinem gutbäuerlichen Leben. Geschickt greift er dabei selbst aktuelle Boulevard-Themen wie den
Saunabrand bei Hans-Dietrich Genscher auf, hält sich aber bewusst aus politischen Themen heraus. So tiefsinnig wie Gerd Dudenhöffers Heinz Becker ist er nicht – dafür aber auch nicht so
kleinkariert. Ganz im Gegenteil ist Hastenrath für alles und jeden offen, gibt den Vermittler in seinem kleinen Dorf. Kein Gemecker, kein Gezeter, kein Genörgel. Er muss ja nicht gut finden, aber
wenn seine Frau unbedingt Zumba machen will (was in Hastenraths Augen wie Yoga für Teletubbies aussieht), warum nicht? So lange er nicht mitmachen muss, bleibt die Kritik aus. Mit einer Ausnahme:
Als er auf das Sterben der landwirtschaftlichen Betriebe zu sprechen kommt, bleibt Hastenrath zwar vom Ton her gelassen, schießt aber unterschwellig scharf gegen Massentierhaltung, in der die
Bio-Eier noch von Hand mit einer Feder dekoriert werden, weil die sie legenden Hennen ja keine mehr haben, und Kotelett oder Schnitzel als anonymes Stück Fleisch nicht mehr wirklich wertgeschätzt
werden. Es ist der bissigste Moment in Hastenraths Programm „Das Buffet ist eröffnet“. Und der beste. Bitte mehr davon.
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