Es ist brechend voll in der Harmonie, als Henrik Freischlader die Bühne betritt. Er, der als einer der besten Blues-Gitarristen Deutschlands (und teilweise darüber hinaus) gilt und schon mit B.B. King, Johnny Winter und zuletzt Joe Bonamassa auf der Bühne stand, soll für einen großartigen Abend sorgen, soll ein gefühlvolles Solo nach dem anderen spielen, sich austoben und das Publikum mit hineinziehen in diesen Wirbel aus Blues und Rock, den der 31-Jährige inzwischen pflegt. Ein schöner Plan. Der aus verschiedenen Gründen nur bedingt aufgeht.
Tatsächlich legt Freischlader von Anfang an mit einem Mix aus alten (sofern man bei Aufnahmen von 2006 schon von „alt“ sprechen kann) und neuen Songs los, damit eine Forderung seiner Fans
erfüllend, die er mit seinen technisch brillanten Soli begeistert. Und nach ein paar Stücken nur noch zufriedenstellt. Denn dem routinierten Spiel Freischladers, dem an diesem Abend mehrere
Plektren zum Opfer fallen, mangelt es immer häufiger an kreativen Impulsen, an neuen Farbklecksen in sonst schnell blass erscheinenden Schemata. Keine Frage, der Mann weiß mit seiner Gitarre
umzugehen, ist ein Meister seines Fachs – doch in der Harmonie wirkt er zwar konzentriert, aber nicht entspannt, nicht enthemmt, nicht entfesselt, so als würde er mit angezogener Handbremse
Vollgas geben. Alles durchaus sehens- und hörenswert, aber ohne jenen Funken, der in der eigenen Seele für ein wohliges Gefühl zu sorgen vermag. Was allerdings auch am an manchen Stellen des
Raums dröhnenden, viel zu massiven Bass von Theofilos Fotiadis und dem hämmernden Schlagzeug von Björn Krüger liegen könnte. Vor allem letzterer drischt gnadenlos auf seine Toms und Becken ein,
was für die Rock-Attitüde an sich gar nicht verkehrt ist, gerade bei den gelegentlich eingestreuten Balladen aber fehl am Platze wirkt. Dagegen muss Moritz Fuhrhop an der Hammond-Orgel um die
nötigen Freiräume kämpfen, wird oft überdeckt und hätte doch so viele Klangmöglichkeiten zu bieten.
Auch das Publikum sendet widersprüchliche Impulse. Jedes ausgiebige Freischlader-Solo bejubelt die Menge lauthals, um sich dann bei einer kleinen Mitsing-Aktion eher zögerlich zu verhalten,
scheinbar nur halb überzeugt von dem Kappenträger und seinem neuen Album „Night train to Budapest“. Da erhielt Layla Zoe, die sich im Vorprogramm präsentierte, deutlich mehr Zuspruch. Zu Recht:
Was die Kanadierin mit der Bombenstimme zauberte, war nicht weniger als eine Offenbarung. Gänsehaut angesichts dieser Bluesröhre, die sich nach einigen, übrigens von Henrik Freischlader
komponierten Songs ihres aktuellen Albums ohne Berührungsängste an James Browns „It's a Man's Man's Man's World“ herantraute, ähnlich wie Marla Glen in die Tiefen hinabsteigt und dabei den
Welthit zugleich zu ihrem eigenen macht. „Can you feel me?“, wollte sie am Schluss wissen – und zeigte damit unbewusst den Unterschied zu Henrik Freischlader auf, der eben diese Frage gar nicht
mehr stellt. Sollte er vielleicht mal wieder tun. Und auf ein „Ja“ hoffen.
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