Selten waren Licht und Schatten beim WDR Crossroads-Festival in der Harmonie so klar verteilt wie am vergangenen Mittwoch: Auf der einen Seite der düster-melancholische, unerbittlich monotone Indie-Noir-Rock von New Desert Blues, auf der anderen der gute-Laune-Punkrock der Düsseldorfer Formation Angelika Express. Tiefes Schwarz gegen grelles Neongelb, viel mehr Kontrast geht kaum. Und Neongelb gewinnt. Zum Glück.
Tatsächlich wirft die Musik von New Desert Blues die Zuhörer am ersten Crossroads-Tag gleich einmal in ein tiefes Loch, hinuntergedrückt vom immer gleichen Klangbrei, der harmonisch in etwa so
viel Abwechslung bietet wie die Ansagen einer Telefon-Warteschleife. Ein Lied alleine mag ja reizvoll klingen (nur so lassen sich einige der positiven Kommentare zur Band erklären), aber ein
kontinuierlicher Strom austauschbarer Nummern? Drei Gitarren, Bass, Schlagzeug und Keyboards erschöpfen sich in marginalen Varianzen vorhersagbarer Patterns – und wenn es dann doch mal etwas
härter, etwas rockiger, etwas temporeicher zuzugehen scheint, bremst Sänger James Cullen seine Bandkollegen mit monotoner Melancholie (oder melancholischer Monotonie) rigoros aus und klingt dabei
in seinen besten Momenten wie ein 14-jähriger Nick Cave unter Schlafmitteleinfluss. Erst am Ende ihres Sets öffnen sich die Engländer ein wenig, machen Druck, haben Drive. Für die Flucht aus dem
Abgrund reicht es. Für mehr aber leider nicht.
Doch allzu lange muss das Harmonie-Publikum nicht in tiefer Depression auf dem Boden verharren. Denn in vollkommener Abkehr des zuvor dominierenden Noir-Americana-Stils bringt Angelika Express
Sonne und gute Laune zurück. „Goldener Trash“ hieß einst ein Album der Düsseldorfer – und dieser Titel ist Programm. Laut, grell, bonbonbunt und mit fetzigem Punksound gibt die Band nicht zuletzt
dank eines Doppelschlagzeugs Vollgas, singt von Rekordsüchtigen und Alkoholkranken, von Pornographie und Selbsthypnose, oft mit kritisch-satirischem Unterton, aber niemals langweilig. Zumal die
Angelikas immer wieder für eine Überraschung gut sind, etwa einen Hornisten auf die Bühne bitten oder Bassmädchen Dani Hilterhaus ans Stylophone treten lassen, ein obskures Mini-Keyboard mit
Stiftsteuerung. Derweil mimt Sänger Robert Drakogiannakis gerne mal einen Flummi, hüpft fröhlich auf und nieder und strahlt alleine mehr Enthusiasmus aus als die gesamte Vorgängerband zusammen.
Punktsieg durch Stimmung.
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