Normal ist an diesem Abend gar nichts. Noch nicht einmal die Zugabe. Denn es ist zunächst das Publikum, das selig „whose house are you in“ singt, während Gabby Young und ihre Animals begeistert von der Bühne aus lauschen. Klingt ja auch gut. Dank einer rotmähnigen Dompteuse, die mit viel Charme und sichtlichem Spaß an ihrem Circus Swing die Harmonie in eine Manege verwandelt. Und dabei einen musikalischen Konfetti-Regen nach dem anderen auf die Menge niedergehen lässt.
Der wilde Mix aus Jazz, Pop, Gypsy-Folk, Polka, Chanson und Oper, mit dem die schräge Britin ein bisschen an Björk und Kate Bush erinnert, bringt mit seiner frechen Frische unweigerlich ein
Lächeln auf das Gesicht eines jeden Zuhörers und vergrößert die Herde von Gabbys Fanimals von Song zu Song mehr. Allerdings scheint die Zirkus-Chefin in ihrem extravagant-brillanten Kostüm mit
Erscheinen der neuen Platte „One foot in front of the other“ einen leichten melancholischen Schub erhalten zu haben: Viele Balladen dominieren das Programm, Momente der Ruhe im sonst alltäglichen
Trubel, die zugleich aber immer auch jenes Element des Besonderen bieten, mit dem Gabby in den vergangenen Jahren so erfolgreich war. Mal ist es ein Ukulelen-Orchester, dann wieder der Klang
einer singenden Säge, erzeugt von Gabbys erstaunlich wandlungsfähigen, klassisch ausgebildeten Stimmbändern, die sowohl quietschen als auch jubilieren können, himmelhoch jauchzend und leise
seufzend.
Das Publikum ist verzaubert von dieser Sirene mit den feuerroten Haaren, macht willig alles mit, singt im Wettstreit von Geige und Blechbläsern enthusiastisch „Ha“ und „Ho“, genießt die
Mariachi-Stimmung in „Horatio“ ebenso wie die Country-Attitüde im selben Lied, wiegt sich beim Shanty „Another Ship“ und gibt bei „Fear of Flying“ zumindest gedanklich Starthilfe. Die Band nimmt
diese Energie bereitwillig auf: Violinistin Milly McGregor (im klassischen Zirkusmusiker-Jackett) tritt selbstbewusst gegen Trompeter Richard Watts und Posaunist Paul Whalley an, Gitarrist
Stephen Ellis schrammelt, klimpert und jodelt je nach Bedarf, und Gabby schraubt sich mit sichtlicher Freude in immer neue Höhen, um sich dann im Sturzflug in die Altlagen zu begeben. Von wegen
Flugangst. Nicht bei dieser tonalen Akrobatik. So ist zumindest an diesem Abend die Frage „whose house are you in“ rein rhetorischer Natur. Denn die Manege gehört Gabby. Und all ihren
(F)animals.
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