Nur nicht zu viel spielen. Keine unnötigen Verzierungen, keine belanglosen Nebenmelodien. Soli? Wenn, dann bitte kurz. Wenn Gianmaria Testa auftritt, gilt der instrumentale Minimalismus, eine
Reduktion auf das Wesentliche, das Unentbehrliche. Ein dezenter Bass, eine feine Begleitgitarre – und eben Testa, der italienische Troubadour, der Cantautore mit der sonoren, warmen, leicht
angerauten Stimme und den poetischen Texten. In der Bonner Harmonie hat dieser nun ein bezauberndes Konzert gegeben und seine Skizzen elegant und prägnant an die begeisterte Menge
weitergereicht.
Viele der Songs aus inzwischen 20 Jahren als Liedermacher sind inhaltlich nicht wirklich überraschend: Da geht es um Reisen und Liebe, um Sonne und Meer und Züge und einen kleinen Fiat Cinquecento, der mit dem diesem Stück zugrunde liegenden Walking Bass gerade so würde Schritt halten können. Kleine Alltagsgegenstände und große Gefühle, die ab und zu dem Kitsch nahe sind, meistens aber als faszinierende Mikro-Geschichten und Schnappschüsse voller Melancholie und Freude daherkommen.
Doch er kann auch anders: Eine komplette CD („Da questa parte del mare“) hat Testa hat er der Flüchtlingsproblematik gewidmet, besingt die Schicksale illegaler Einwanderer, die in der Hoffnung
auf ein besseres Leben über das Mittelmeer nach Italien kommen. In der Harmonie bleibt dieses Thema allerdings nur ein Teilbereich, nur eine Facette im Ouevre des 55-Jährigen.
Inzwischen zählt Testa zu den wichtigsten zeitgenössischen Cantautori, ist einer der wenigen, die auch im Ausland eine gewisse Prominenz besitzt. Dabei hatte er es zunächst vor allem in seiner
Heimat schwer: Mit 35 Jahren gewann der ehemalige Bahnhofsvorsteher den Premio Recanati für junge Songwriter, erregte aber mit seiner Musik in Frankreich mehr Aufsehen als in Italien. Erst als er
1997 im Pariser Olympia auftrat, nahm man ihn auch zu Hause wahr. Doch die Verbindung zu Frankreich und seinen Chansonniers ist bestehen geblieben, vor allem Léo Ferré taucht immer wieder in
Testas Werk auf. In der Harmonie allerdings nicht. Muss er auch nicht. Testa hat selbst mehr als genug zu erzählen, zumindest musikalisch – mit Moderationen hält er sich dann doch zurück.
Stilistisch bleibt Testa dabei abwechslungsreich, verweist auf Bossa Nova, Rock und Jazz, lässt mal das Publikum unaufgeregt ein paar Silben mitsingen und bringt es dann wieder mit einer
einfachen Ballade zur Ruhe. Auch hier gilt: Große Gesten sind irrelevant. Ein Blick, ein paar Worte, eine leise Melodie, das ist alles, was der Meister musikalischer Miniaturen braucht. Selbst
bei jenen, die des Italienischen nicht mächtig sind. Schließlich muss man nicht unbedingt dieselbe Sprache sprechen, um sich zu verstehen.
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