Reich werden? Kein Problem. Nebenher noch die Staatsverschuldung auf Null senken? Warum nicht. Und das alles ohne Risiko? Aber ja doch. Wenn es nach Robert Griess und Chin Meyer geht, ist das für jeden realisierbar. Man muss nur skrupellos genug sein, dann fängt man bei unfrankierten Weihnachtskarten an und landet bei Wertpapier-Portfolios aus Anschreibelisten arbeitsloser Alkoholiker mit Triple-A-Rating. „Herzlich willkommen im Café Größenwahn“, sagt Griess irgendwann. Wie recht er doch hat.
Die beiden Wirtschaftskabarettisten – der eine aus Köln, der andere aus Berlin – legen im Pantheon gnadenlos und teils bitterböse die Lücken im System der globalen Ökonomie offen, Lücken, die
mittlerweile ganze Kontinente verschlingen können. Und von oben, von den Consultants, Politikern, Hedge-Fonds-Managern und Superreichen kommt die Forderung nach weiteren Freiheiten. „Das Leben
ist kein Bonihof“, ruft Griess dagegen, der sich zur Stimme der angepissten Massen gemacht hat, während Meyer genüsslich das eine Prozent der Milliardäre vertritt, mit feschen Slogans den Applaus
der Gegenpartei evoziert und beweist, das sein Bühnenpartner sich mit seinem Kampfruf irrt. Wer sich auskennt, kann durchaus viele Boni einstreicheln, auf der Erfolgswelle reiten – und im Notfall
die Pferdchen zur Schlachtbank schicken. Während Supermarkt-Kassiererinnen wegen eines Brötchens gefeuert werden, hält der Manager bei aufgedeckter Misswirtschaft nur die Hand auf und kassiert
noch für die Schlachtabfälle.
Doch so bissig und spritzig Griess und Meyer auch in den Abend starten, so müde und ideenlos wirken sie an manchen Stellen auch. Vor allem ersterer stürzt sich immer wieder in neue Rollen, gibt
den Asozialen, der reflexartig zunächst auf Uli Hoeneß und später klischeehaft auf Politiker und Medien-Witzfiguren wie Oliver Pocher draufdrischt und später dann Queen Angie, die kleine Königin
Nimmersatt, die kurzerhand allen europäischen Regierungschefs ihr vollstes Vertrauen ausgesprochen hat und nun alternativlos über den gesamten Kontinent regiert. Sonderlich kreativ sind diese
Ideen nicht, oder wirtschaftspolitisch aussagekräftig. Doch gerade in diesem Bereich haben Griess und Meyer ihre eigentliche Kompetenz. Weg mit Prominenten-Bashing a la Urban Priol, weg mit
Gesangseinlagen, die dank eines schwachen Playbacks, eines sichtlich lustlosen Robert Griess und eines stimmlich nur bedingt überzeugenden Chin Meyers nur unnötig Tempo und Spannung aus dem
Programm nehmen. Und dafür her mit etwas mehr Tiefgang. Denn erst wenn die beiden Streithähne wirklich aufklären, können sie brillieren. Wenn Griess als zynischer Jetset-Wirtschaftsberater mit
28-Stunden-Tag über die Marktmacht von Kriegen räsoniert oder Meyer als Steuerfahnder Selbstanzeigen verteilt und den Staat durch die Tabaksteuer tragende Kettenraucher in Schutz nimmt, wenn die
Waffenschweine des Kapitalismus erwachen, die Funktionsweise interner Verrechnungskonten erklärt und die Wertberichtigung von Banken als schwere Psychose entlarvt wird, dann ist das Duo voll in
Fahrt. Davon bitte mehr.
Immerhin lernt das Publikum, darunter auch Bonns Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch, auf diese Art besonders gerne, wie der immer wieder aufbrandende Applaus beweist. Und wenn zu Weihnachten in der Region viele portofreie Briefe unter falschem Absender an Phantasie-Adressen geschickt werden, ist sogar das ein oder andere hängen geblieben.
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