Einer für alle und alle für einen! Dieses Musketier-Motto könnte auch für das Tingvall-Trio gelten: Beim ersten von zwei ausverkauften Konzerten in der Harmonie genügte oft ein einziger Blick, ein kurzes Nicken, eine kleine Bewegung, um ein weiteres Solo einzuleiten, während die anderen beiden Musiker Deckung gaben und Raum schufen. Kein Wunder, dass das Trio, bestehend aus Namensgeber Martin Tingvall am Klavier, Drummer Jürgen Spiegel und Bassist Omar Rodriguez Calvo, zu den besten europäischen Jazz-Formationen der Gegenwart zählt.
Jeder von ihnen ein Meister seines Fachs mit einem ganz eigenen Stil, ergänzen sie sich so hervorragend, das alles möglich scheint. So nahm das Trio ihr Publikum mit auf eine Reise in ein
Zauberland, einen wunderschönen, elfenhaften, von Martin Tingvalls melodiösen Läufen erschaffenen Ort, an dem ab und an zu kubanischen Rhythmen – und manchmal auch zu rockigen Anklängen – das
Tanzbein geschwungen wird, Trolle stampfen und Geister heulen.
Das Tingvall Trio nutzte die Harmonie dabei zugleich als Testlabor: Mehrere Stücke von einer noch namenlosen, im Herbst erscheinenden neuen CD hatten die drei schon im Gepäck, probten unter
Live-Bedingungen, ständig feilend und verfeinernd. Typisch Tingvall, der sich immer sehr schüchtern und bescheiden gibt, trotz dreier Jazz-Echos beständig Verbesserungsbedarf im Zusammenspiel
sieht und dennoch am Donnerstag das Konzert sichtlich genoss. Wenn er sich wieder in ein expressives Solo stürzte und die Finger über die Tasten fliegen ließ, breitete sich ein glückseliges
Grinsen auf seinem Gesicht aus, das man auch in seiner Musik zu hören vermochte. Gleiches galt für seine Bandkollegen: Jürgen Spiegel schien sich oft gar zurückhalten zu müssen, wenn er laut
Arrangement nur Impulse geben durfte oder mit Waschbrett und anderen Percussions-Instrumenten die Atmosphäre anreicherte, und brach in einigen ausgewiesenen Momenten dann förmlich aus sich
heraus, ekstatisch Tempo und Lautstärke zum grollenden Gewitter steigernd. Übrigens anscheinend die einzigen Momente, wo selbst Omar Rodriguez Calvo, der ansonsten aus jeder Pore Gelassenheit
verströmte und in aller Ruhe selbst die komplexesten Bass-Linien in die faszinierende Mischung einbrachte, ein wenig aus der Puste kommt.
Das wandlungs- und vielfältige Spiel des Tingvall Trios sucht seinesgleichen, die zarten Balladen (wie etwa das wunderschöne „Vägen“) sind ebenso magisch wie das herumgeisternde „Spökskepp“ oder
so mancher Turbo-Titel. Zumal live ohnehin nochmal jedes einzelne Stück an Qualität gewinnt. Und so honorierte auch das begeisterte Harmonie-Publikum das Konzert mit viel Applaus. Wenn man dafür
ins Zauberland darf, ist man eben gerne Versuchsperson.
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