Wo ist Mallorca, wenn man es mal braucht? Sommer, Sonne, Sonnenschein – ohne diese Zutaten macht eine gigantische Open-Air-Schlagerparty wie Bonn Olé in den Rheinauen nur halb so viel Spaß. Am Samstag hat sich dies wieder einmal gezeigt: Selbst erfahrene Stars der Szene hatten zumindest in den frühen Stunden Mühe, die etwa 20.000 Besucher zu begeistern, obwohl sie wirklich alle Register zogen. Am besten gelang es noch mit dem einfachsten Trick der Welt. „Zicke-zacke, Zicke-zacke.“ Wirkte immer.
Warum allerdings alle möglichen Künstler immer wieder auf diesen Anheiz-Spruch zurückgreifen mussten (auf die Alternative „Hyper Hyper“ kam nur Mickie Krause), wurde trotz des wolkenverhangenen
und teilweise seine Schleusen öffnenden Himmels nicht so ganz klar. Immerhin hatten die Veranstalter des „größten Sommerfests im Rheinland“ die Creme de la Creme der deutschen, österreichischen
und holländischen Schlagerszene eingeladen (nur Matthias Reim musste krankheitsbedingt kurzfristig absagen). Schon am frühen Nachmittag legten Willi Herren, Tim Toupet und die Dorfrocker los,
zwar mit einer veritablen Verspätung, dafür aber umso enthusiastischer. „Ich find mein Schlafzimmer nicht mehr, zeigst du mir deines bitte sehr?“, fragten die Letztgenannten etwa – wohl gemerkt
ohne Erfolg, sah man einmal von ersten Jubelstürmen der so langsam auf Betriebstemperatur kommenden Menge vor der Bühne ab. Hielten leider nicht allzu lange an...
Nicht jeder, der auftrat, konnte allerdings wirklich überzeugen. Warum etwa der Ex-RTL-Bachelor Paul Janke als DJ einen Extra-Platz zugewiesen bekam, bleibt nicht zuletzt mit Blick auf das
ebenfalls auflegende Moderatoren-Trio Christian Schall, Lorenz Büffel und Frank Neuenfels ein Rätsel, zumal die Aufmerksamkeit ohnehin eher den zum Teil sehr attraktiven Tänzerinnen galt und
weniger dem Mann an den Turntables. Gut, die Damen im Publikum kreischten erwartungsgemäß beim ersten Auftauchen des Blondschopfs, echte Partylaune kam aber nicht auf. Selbst die knapp bekleidete
Loona hatte es direkt im Anschluss schwer, die Menge zu motivieren. „Hände, Regenschirme, scheißegal“, rief sie – Hauptsache, sie bekam etwas zu sehen. Und zu hören, wobei sich letzteres als
besonders schwer herausstellte. Textsicherheit bestand (auch wenn sie einmal scherzhaft darauf hinwies, dass es „Bailando“ hieß und nicht „Zalando“), Lautstärke eher nicht. Bis Loona von der
Bühne hinunterstieg, sich auf die Schultern eines willigen Mannes schwang und sich durch das beschirmte Publikum tragen ließ. Stars zum Anfassen – das kommt immer an.
Das Stimmungs-Auf-und-Ab setzte sich den gesamten Nachmittag hindurch fort: Olaf Henning, der blaue Gummistangen verteilen ließ und das Lasso herausholte, riss die Besucher mit, Michael Wendler
entzweite sie (die einen lieben ihn, die anderen hassen ihn), DSDS-Produkt Norman Langen enttäuschte trotz zahlreicher neuer „Platten“. Selbst Urgestein Hubert Kah („Sternenhimmel“), der
kurzfristig zugesagt hatte und ein paar Lieder zum Besten gab, wurde überraschenderweise nur mäßig beklatscht. Und sogar DJ Ötzi, der es zwischendurch mit ein paar gekonnt interpretierten
Rock-Nummern versuchte, musste für den Jubel kämpfen.
Als größte Stimmungskanone erwies sich letztlich Mickie Krause: Der Meister der textlichen Peinlichkeiten („Finger in Po, Mexiko“) schaffte es tatsächlich, Ballermann-Feeling aufkommen zu lassen.
Party pur. „Vielen Dank, dass ihr euch auf mein Niveau heruntergesoffen habt“, rief er zu Beginn seines Auftritts breit grinsend ins Publikum, zog zur Freude vieler mit einem Augenzwinkern über
Jürgen Drews und ohne selbiges über den Wendler her, versah Klassiker wie „Sailing“ mit neuen Versen und bewies mit einer bemerkenswerten Cover-Version des Killers-Songs „Human“, dass er mehr
drauf hat als nur unter Alkoholeinfluss grölbare Lieder. Obwohl es dem Publikum ohnehin egal war – Hauptsache, Krause traf den richtigen Ton und brachte die Party endlich zum Kochen.
Die beiden Höhepunkte der diesjährigen Bonn-Olé-Tour, die nun für die nächsten fünf Jahre am jeweils ersten Samstag im September nach Bonn kommen wird (Veranstalter Markus Krampe hat dazu einen
Vertrag mit der Stadt Bonn geschlossen), kamen natürlich am Schluss und hätten unterschiedlicher kaum sein können: Jürgen Drews, der König von Mallorca, ließ sich im strömenden Regen feiern, zog
irgendwann Mantel und Hemd aus, frierend und trotzdem wacker an der Hoffnung auf wärmere Tage festhaltend – und wurde direkt im Anschluss durch Techno-Legende Scooter ersetzt, der mit hämmernden
Beats im Turbogang der Menge einheizte. Ja, Techno auf einem Schlagerfest. Funktionierte ganz hervorragend. Da war dann auch das Wetter egal. Obwohl: Im nächsten Jahr dürfte es ruhig etwas
trockener und sonniger sein. Bonn Olé hätte es verdient.
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