Clubbeats müssen rein elektronisch sein? Mitnichten! Das Brandt Brauer Frick Ensemble, das in diesem Jahr von den Schülermanagern des Beethovenfests in das Telekom-Forum gelockt werden konnte, beweist das Gegenteil. Tuba, Posaune, Geige, Cello, Harfe, Klavier und Marimbaphon sowie ein teils durch Pauken ergänztes Schlagwerk jagen in repetitivem Minimalismus die immer selben Motive im Kreis, quetschen sie förmlich durch den Gehörgang in die Gehirnwindungen, durch die ständigen Wiederholungen an Kraft gewinnend und in manchen herausragenden Momenten eine filmmusikalische Qualität erlangend.
Es ist Techno fast ganz ohne Technologie – nur Jan Brauer kann nicht vom Synthesizer lassen, setzt mit diesem die gewünschten Akzente, während Daniel Brandt am Schlagzeug als Motor dieser
akustischen Maschinerie agiert und Paul Frick am Klavier das Gefüge zusammenhält.
Das Schülermanager-Team hat mit diesem Konzert ganze Arbeit geleistet. Zwar haben Brandt, Brauer und Frick nicht so einen Bekanntheitsgrad wie etwa Samy Deluxe, der 2012 zu Gast war, dennoch sind
etwa 800 Besucher in der Halle. Nur die Stimmung ist etwas seltsam: Vor allem in den ersten Reihen wird ein wenig getanzt und so mancher Ton herzhaft bejubelt – auf der anderen Seite sitzen aber
erstaunlich viele Zuhörer einfach auf dem Boden, lassen sich von der Clubmusik durchfluten, aber scheinbar nicht elektrifizieren. Es fehlt die Disco-Atmosphäre, jene ekstatische Spannung in der
Luft, die die Körper ergreift und erst nach Stunden wieder loslässt.
An der Leistung der Musiker kann auf jeden Fall kein Zweifel bestehen. Hoch konzentriert und absolut präzise setzen sie Muster an Muster, feiern in einem Moment mit enormer Wucht eine
musikalische Düsternis, um im nächsten filigran zu wirken, beinahe zerbrechlich Töne zu verweben und eine Masche nach der anderen in den gleichen Farben zu gestalten. Immer wieder die selben
Geigenklänge, immer wieder die glitzernde Harfe oder die fette Tuba: Niemand sonst würde sich dafür ein klassisches Ensemble suchen. „Wir wollen es genau so machen und denken nicht darüber nach,
ob es auch einfacher geht“, haben die drei daraufhin einmal gesagt. Der Effekt gibt ihnen schließlich Recht. Es ist eine bemerkenswerte, faszinierende Idee – das werden auch jene zugeben müssen,
die mit dieser Art von Musik eigentlich überhaupt nichts anfangen können.
Irgendwann entlässt das Kern-Trio seinen Instrumentalisten, gewährt ihnen eine Pause, macht alleine weiter. Und gibt so richtig Gas. Frick steht nun an den Drehreglern, steuert mit fantastischem
Gespür Dynamik und Verzerrungen. Das ist Techno in Reinform, mit Klassik hat das nicht mehr das geringste zu tun. Leider auch nicht mehr mit dem Besonderen, das Brand Brauer Frick zuvor
ausgezeichnet hat. Ihr Track „Fantasie Mädchen“ vom neuen Album „Miami“ etwa wird von Geräuschen dominiert, nicht von Harfen-Arpeggios. Irgendwie schade. Wie gut, dass es nur ein Intermezzo ist.
Dann ist das Ensemble wieder komplett – und zelebriert den großen, sich im Kreis drehenden Minimalismus erneut. Merke: In der Wiederholung liegt die Kraft.
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