Ob Jurys, Kritiker oder Deutscher Musikrat: Alle überschlagen sich in ihrer Begeisterung für den Bonner Jazzchor. Das Ensemble zählt elf Jahre nach seiner Gründung zu den besten a-capella-Ensembles in Deutschland, räumt regelmäßig bei Wettbewerben ab und punktet sogar im Ausland: Bei den prestigeträchtigen Contemporary A Cappella Recording Awards (CARA) hat es in diesem Jahr mit ihrer Version von „Kein schöner Land“ in der Kategorie „Best World/Folk-Song“ den zweiten Platz hinter den Swingle Singers belegt. Für einen Laienchor eine herausragende Leistung. Dementsprechend hoch liegt auch die Messlatte – doch ausgerechnet im Pantheon, ihrem inoffiziellen zweiten Wohnzimmer, hat der Jazzchor an diesem Wochenende mit den hohen Erwartungen mächtig zu kämpfen gehabt.
Es mag daran liegen, dass einige langjährige Mitglieder den Chor verlassen haben und durch Neuzugänge ersetzt wurden, vielleicht auch an dem doch beträchtlichen Tour-Programm, das das Ensemble
irgendwie zwischen Arbeit beziehungsweise Studium und Privatleben quetschen muss. Alles Spekulation: Die überraschend häufig auftretenden Intonationsfehler und nicht immer astreine
Akzentuierungen lassen sich so vielleicht erklären, nicht aber wegreden. Vor allem der Sopran 1 zeigte teils deutliche Schwächen, etwa bei dem durch Solist Martin Nachtsheim gerade noch
geretteten „Mad World“ oder dem ansonsten schön knackigen „Give us a little love“. Doch auch die kleinen Ensembles, mit denen der Bonner Jazzchor seit jeher gute Erfahrungen gemacht hat, wanken.
Bei dem a-ha-Hit „Summer moved on“ kamen die Stimmen einfach nicht zusammen, waren schlichtweg überfordert mit dem komplexen Arrangement eines ohnehin schweren Stücks, mit dem Durchreichen der
Melodie oder mit so manchen hohen Tönen.
Natürlich ist dies jetzt Kritik auf hohem Niveau – aber genau das hat der Jazzchor mit seinen bisherigen Leistungen verdient. Zumal es auch durchaus Momente gab, in denen er eindrucksvoll unter
Beweis stellte, warum es einen solch exzellenten Ruf genießt: Sei es das Ensemble-Stück „Försigtikt“, die Zugabe „Make you feel my love“ (mit im Saal verteilten Sängern), das herrlich zarte
„Galaxies“ oder der Gute-Laune-Radiodauerbrenner „Happy“, der Bonner Jazzchor punktete mit einer gefühlvollen und präzisen Ausführung der gewohnt erstklassigen Arrangements. Geht doch. Auffällig
war allerdings, dass – sieht man von den insgesamt vier unterschiedlich besetzten Ensemble-Stücken ab – ein Großteil des von Balladen geprägten Programms schon im letzten Jahr an der selben
Stelle erklang. Gerade da hätten gewisse Unsauberheiten also nicht sein müssen, hätten mehr Schwung und Eleganz herausscheinen dürfen. Das Konzert des Bonner Jazzchors war damit kein Reinfall,
war nicht schlecht. Es war nur nicht so gut, wie es hätte sein können.
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