Irgendwas mit Medien? Das klingt vielleicht am Anfang ganz gut, kann aber schnell die Hölle werden. Missgünstige Kollegen, arrogante Chefinnen, banale Nachrichten: Elmar Stelzwedel hat all das erlebt. Und ist daran zerbrochen. Weil der Anchorman einmal menschlich sein wollte und statt eines belanglosen Kommentars über Daniel Bahr vor laufender Kamera seine Freundin gebeten hat, zu ihm zurückzukehren. Doch statt Moni kam die Kündigung. Und jetzt? Droht als einziger beruflicher Ausweg ein Job als menschliche Pommes. Der Horror – zumal Stelzwedel selbst seine Träume verloren hat, in denen inzwischen ein Strapse tragender Osama bin Laden auf den Tischen tanzt und über die übertriebene Individualisierung des Westens redet.
Hinter dieser satirisch überzogenen Handlung steckt System: Kabarettist Christian Ehring, der nun im Pantheon mit seinem inzwischen über zehn Jahre alten, immer wieder aktualisierten
Solo-Programm zu Gast war, gehört seit 2009 zum Team der „heute-show“ und ist seit einigen Jahren auch Moderator bei „Extra 3“. Material für zwei Stunden kommt da innerhalb kürzester Zeit
zusammen. Und so lässt Ehring beziehungsweise sein alter Ego Stelzwedel einfach mal alles raus: Postmoderne und Pussy Riot, Hirnforschung und Islamophobie, Schulklassen-Kabinett und die Inklusion
der CSU. Er, der sich im Zentrum der Macht befand, der glaubte die Deutungshoheit zu haben, er kennt die Wahrheit hinter den Meldungen, die täglich durch die Nachrichtenkanäle flitzen. Kurzerhand
weist der 42-Jährige nach, dass die Angst vor islamistischem Terror in Deutschland ungleich größer ist als die vor rechtsextremen Anschlägen – und statistisch gesehen unbegründet. Doch wenn sogar
Al-Quaida vor den IS-Milizen warnt und Nachrichtensprecher regelmäßig auf die Gefahr hinweisen, wird die Statistik zum Statisten.
Mit beeindruckender Zielgenauigkeit feuert Ehring eine Pointe nach der anderen ab, mal auf Kalauer-Niveau, dann aber wieder mit Tiefsinn. Nicht jede zündet bei jedem, muss sie aber auch nicht:
„Es gibt Gags, die baue ich nur für mich ein“, gesteht Ehring. Klingt fair. Zumal es ohnehin mehr als genug zu lachen gibt. Dass das Programm dabei nicht plump wirkt, zeugt von der exzellenten
Leistung Ehrings, der sich gerne mal ans Klavier setzt und ein fröhliches Schunkel-Lied für den Muselmann anstimmt, um im nächsten Moment als Stelzwedel in eine depressive Phase zu verfallen, die
letztlich im Wahn endet. Was ist die Realität wenn nicht eine Vorstellung des Gehirns, die es aus Nachrichten zusammenbastelt, fragt er und postuliert, dass selbst die Regierung nur ein Konstrukt
der Medien ist, ein Konglomerat aus teils fehlerhaften Programmen (was immerhin einiges erklären würde). Willkommen in der Matrix 2014. Mit Stelzwedel als weißem Kaninchen. Oder als Hutmacher.
Das muss jeder letztlich selbst entscheiden.
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