Trio, Label, Album, Gaststars: Alles neu. Für Marialy Pacheco hat sich einiges geändert, seit sie 2013 der Liebe wegen Australien verlassen und zurück nach Deutschland gekommen ist. Daher jetzt auch eine „Introducing“-Tour, auf der die kubanische Jazzpianistin ihre gleichnamige CD, ihre Mitmusiker und vor allem sich selbst vorstellt beziehungsweise in Erinnerung ruft. Im Rahmen des Beethovenfests ist die 31-Jährige nun in die Harmonie Bonn gekommen – und legt sogleich furios los.
Wild und energetisch prescht Pacheco nach vorn, jagt über die Tasten, manchmal die Stücke mit ihrem Enthusiasmus beinahe überfrachtend, Spiel- und Lebensfreude versprühend. Hier einen Rumba, da
einen klassischen Son, zwischendrin findet sich gar ein Son montuno mit dem ihm eigenen temporeichen Rhythmusteil. Der gut gelaunte Lockenkopf am Flügel lacht, die Soli purzeln übereinander, und
weiter geht’s. Mit dem Bassisten Juan Camilo Villa und dem Drummer Miguel Altamar hat Pacheco dabei zwei Begleiter gefunden, die ohne weiteres mit ihr mithalten können und wirklich meisterhaft
agieren: Ein abwechslungsreiches, präzises und nur an wenigen Stellen etwas zu lautes Schlagzeugspiel und ein paar herrlich tanzende Saiten generieren ein Fundament, auf dem die Kubanerin, die
als erste den Solo-Piano-Wettbewerb des Montreux Jazz Festival gewann, sich genüsslich ausbreiten kann.
So souverän das Trio auch agiert: Die Höhepunkte des Konzerts sind an den Stellen zu finden, in denen es Unterstützung erhält, durch Joo Kraus zum Quartett vervollständigt wird. Der Trompeter und
Flügelhornist, der Marialy Pacheco auch bei ihrem Album zur Seite stand, kommt zu einigen Stücken auf die Bühne der Harmonie, glättet diese mit seinem warmen, samtig-weichen Spiel, ist
unaufdringlich und doch allzeit präsent. Immer wieder findet er neue Wege, sein Instrument einzubringen und damit für einige herzliche Lacher zu sorgen. „Er ist in allem super, ein Übermensch“,
scherzt Pacheco, die Kraus erst im vergangenen Jahr kennenlernte und schon nach wenigen Minuten wusste, dass er der Richtige für ihr neues Projekt sein würde. Ein Eindruck, der wohl auch anders
herum galt. So harmonieren die beiden denn auch sehr gut miteinander, zumal sich die junge Pianistin da, wo Kraus führt, angenehm zurückhält, ihre Energie zügelt und in kreative Bahnen lenkt. Gut
so.
Auch wenn an diesem Abend vor allem Jazz mit kubanischem Flair auf dem Programm steht, will Marialy Pacheco ihrer Heimat ebenfalls auf traditionellere Weise huldigen. Jazz? Pah. Andere beliebte
Stilrichtungen in der aktuellen Musik Kubas, so wie Reggae-Pop? „Wieso existiert das?“ Nein, es muss ein echter Son sein, der Urklang der Musik, aus dem sich Rumba und Mambo entwickelten. Kein
Problem für das Quartett. Ein kurzer Ausflug in Volksmusik-Gefilde, bevor es wieder zum zuvor ironisch verschmähten Jazz zurückgeht. Da ist dann doch die musikalische Heimat Pachecos. Und die
sollte es auch bleiben.
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