Erst schießen, dann hinterfragen: Reflexartig nimmt der Kabarettist Max Uthoff bei der Premiere seines neuen Programms „Gegendarstellung“ im Bonner Pantheon alles ins Visier, was in Politik und Wirtschaft gerade so laufen kann, drückt ab und zieht in seinem Kreuzzug weiter. Dauerfeuer auf Schießbudenfiguren. Querschläger nicht ausgeschlossen. Merkel, Schäuble, Gabriel sowie sämtliche Untergebenen des CSU-Silberrückens Horst Seehofer werden gnadenlos mit einem Pointenhagel eingedeckt, Grüne und AfD ebenso. Alles Feinde! Gute Politiker? Scheint es im Uthoffschen Weltbild ebenso zu geben wie einen freien Markt, jene Fata Morgana des Kapitalismus, auf der ein Luftschloss nach dem anderen errichtet wird.
Kapitalismus? Bei dem Wort schaltet der Mann im Anzug, der mit seiner spitzen Zunge und dem analytischen Duktus mehr Schaden anzurichten vermag als John Rambo mit einem Raketenwerfer, automatisch
einen Gang höher. Weiche, Satanas! Jetzt packt Uthoff die schweren Geschütze aus. Weihwasser aus eigener Produktion. Eloquent dekonstruiert er die Mythen und Gebote der Wirtschaftsgläubigen,
zitiert dabei immer wieder Wissenschaftler, die sich gegenseitig widersprechen, legt die Wahrheit nach seinem Gusto aus – und übersieht dabei, dass er sich auf diese Weise selbst zu einer jener
deutenden Instanzen aufschwingt, die er sonst so attackiert. „Wer immer wieder das gleiche sagt, hat recht“, hat er noch zu Beginn via Megafon ironisch skandiert, bevor er sich diesen
Ansatz selbst zu Nutze macht. Der Kapitalismus ist des Teufels, so Uthoffs immer wiederkehrender Standpunkt. Doch einen Gegenvorschlag hat auch er nicht parat.
Dabei kann Uthoff trotz mancher Hänger in der zweiten Hälfte des Programms durchaus überzeugend sein, vor allem wenn er sich nicht von immer wieder eingestreuten Anspielungen auf Florian
Silbereisen, Ballerspiele und die Geissens ablenken lässt (obwohl diese drei Begriffe durchaus miteinander in Beziehung gesetzt werden können). Denn die Kritik an diesen Elementen der deutschen
Medienlandschaft ist ein Haufen alter Kamellen, ausgelutscht und banal. Opium für das Kabarett-Volk – gerade der Drogen ablehnende Uthoff sollte darauf verzichten. Immerhin hat er besseres zu tun
und zu sagen. Wenn er sich der Arbeitslosen annimmt, die irgendwann zu Hartz-IV-Empfängern mutieren und damit schon allein von der Wortwahl nicht mehr jene sind, die etwas verloren haben, sondern
jene, die etwas (von der Öffentlichkeit gerne als ungerecht empfunden) erhalten, wenn er mit psychologischer Sicht soziale Probleme seziert statt mit dem verbalen Sturmgewehr um sich zu ballern
und human- statt systemrelevant argumentiert, glänzt der Münchener im Pantheon. Steht ihm auch deutlich besser als die Brachialmethode.
Insgesamt legt Max Uthoff bei seiner Premiere ein veritables Programm vor, unglaublich temporeich und zugespitzt, in manchen Teilen aber noch etwas Trennschärfe benötigend. Häufig fällt dies
aufgrund der überragenden rhetorischen Fähigkeiten des 47-Jährigen nicht so recht auf, doch gerade die großen Rundumschläge weisen argumentatorische Schwächen auf, die eigentlich unnötig wären.
Weg mit diesen plakativen Feindbildern. Von denen gibt es schließlich schon mehr als genug.
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