„Uwe, Uwe, Uwe“, skandiert die völlig aufgekratzte Menge. Jetzt ist also der Roadie dran. Tausende fordern das erneute Erscheinen des Mannes, der gerade eben Roger Ciceros Gitarre auf die Bühne der Lanxess Arena getragen hat. Für einen Moment steht er im Rampenlicht, nicht der croonende Swing-Singer, der die riesige Halle mit seinen Stücken in ein gemütliches Wohnzimmer verwandelt hat, in dem letztlich Narrenfreiheit herrscht. Lautstarke Zwischenrufe inklusive, die leider aus manchen Ecken der halbleeren Ränge mit der Zeit überhand nehmen und eine köstliche Kollektiv-Idee nach und nach in ein Ärgernis verwandelt.
Vielleicht wäre eine Pause doch ganz hilfreich gewesen, um die erregten Gemüter wieder etwas abzukühlen. Doch Cicero hat darauf verzichtet und muss jetzt mit den Schreihälsen leben. Schon der im
Vorprogramm auftretende Gregor Meyle hatte trotz seines Humors und seiner Souveränität auf der Bühne unter diesen zu leiden, jetzt trifft es Uwe – und natürlich Cicero selbst, der zwar gelassen
auftritt, aber eigentlich lieber seine Musik sprechen lassen will.
Die zeigt sich bei der „Was immer auch kommt“-Tour erfreulich abwechslungsreich. Stilistisch ist viel im Repertoire, mal eine melancholische Ballade („Endlich wieder frei“), mal eine temporeiche
Jazzrocknummer („Das ist nicht das, wonach es aussieht“), mal ein klassischer 40er-Jahre-Swing („Zieh die Schuh' aus“), dazwischen sogar erstmals ein Cover (die „Bluesette“ von
Mundharmonika-Legende Toots Thielemans in einer Turbo-Version). Das Titelstück von Tour und neuer CD kommt sogar in ganz leichtem Singer-Songwriter-Gewand daher, ganz ohne Bläser, dafür aber mit
einer Akustikgitarre in den Händen von Roger Cicero, der damit ganz entspannt auf der sich um die Band windenden und im Laufe des Konzerts immer wieder genutzten Showtreppe sitzt. Überhaupt
scheint der neue Sound Ciceros von Reduktion beherrscht zu sein, leise Arrangements mit zurückhaltendem Blech. Weniger ist mehr. Oder?
Ja und Nein. Nur wenn die Spannung stimmt. Und genau die, zu Beginn des Konzerts noch prickelnd die Luft füllend, fällt im zweiten Teil ab, schwankt, zerfasert. Ruhige Songs wie „Frag nicht
wohin“ oder „In diesem Moment“ tragen bei all ihrem Charme ihren Teil dazu bei, das auch bei eigentlich schmissigen Nummern die Band ein wenig aus dem Tritt zu kommen scheint, den Schwung ein
Stück weit verloren hat und müde wirkt. Es fehlt halt die Pause. Cicero versucht dies zu kompensieren, geht ins Publikum, schüttelt Hände, holt die Menge von ihren Sitzen und zumindest im Parkett
direkt vor die Bühne, wo wenigstens Platz zum Tanzen ist. Auch seine Musiker bemühen sich, berappeln sich für „Murphys Gesetz“, lassen sich von Drummer Matthias Meusel noch einmal antreiben. Mit
Erfolg. Am Ende stimmt das Tempo wieder, sitzt der Sound. Nur die Coolness hat etwas gelitten. Schade. Auch Roger Cicero wirkt erschöpft, lässt es nach zwei starken Zugaben gut sein. Selbst die
Showtreppe kommt jetzt nicht mehr zum Einsatz. Egal – der Auftritt hat seinen Zweck erfüllt. Das Publikum ist glücklich und zufrieden. Und ruft nicht mehr nach Uwe.
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