Winter 1984. Ein junger Rockmusiker, der ein Jahr zuvor mit seinem dritten Album erste Erfolge erzielen konnte, stößt mit „Reckless“ endgültig in der Riege der Superstars vor. Schon damals gab Bryan Adams sich nostalgisch, beschwor unter anderem den „Summer of 69“ – in der Lanxess Arena schaut er nun erneut zurück und kramt all die alten Hits hervor. Wieder erklingt diese markante, raue Stimme, mischen sich solider Stadion-Rock mit schwülstigen Balladen, die auf keiner 80er- und 90er-Party fehlen dürfen, weil sie Erinnerungen wecken und mittlerweile längst Kult sind. Der 55-Jährige gibt Vollgas, rast wie vor 30 Jahren über die Bühne, reckt die Arme in die Höhe, fordert zum Mitsingen und zum Tanzen auf. Und wirkt dabei zumindest aus der Ferne überraschend jung.
Den ersten Teil des Konzerts dominiert besagtes Jubiläums-Album: Alle Nummern von „Reckless“ sind zu hören, die Superhits („Heaven“, „Run to you“, „Somebody“ und eben „Summer of 69“) ebenso wie
die „vergessenen Songs“. Dazu drei von insgesamt sieben Stücken (inklusive des ursprünglich angedachten Titeltracks), die es damals aus Platzgründen nicht auf die Platte geschafft haben. „Es hat
30 Jahre gedauert bis ich sie endlich veröffentlichen konnte“, kommentiert Bryan Adams, „aber es ist OK. Ich bin glücklich, dass ich sie nun für euch spielen kann.“ Macht er auch gut: Sein Gesang
hat nichts von seiner Qualität verloren, die bewährten Posen sitzen, die Interaktion mit dem Publikum zündet ebenfalls. Im Hintergrund sorgt die souverän und routiniert agierende Band, deren
Mitglieder mit ihren geschniegelten Haaren, kantigen Gesichtern und schwarzen Outfits alle ein wenig so aussehen wie ihr Brötchengeber, für einen erstklassigen Sound. Insbesondere Gitarrist Keith
Scott, der schon seit Anfang der 80er mit von der Partie ist, drängt immer wieder für einige kurze, aber filigrane Soli nach vorne, setzt mal saubere, mal bewusst dreckige, manchmal aber leider
auch etwas zu seichte Akzente.
Diese Differenzierung gilt auch für das Konzert an sich. Vor allem den vom Publikum so geliebten und innig mitgesungenen Balladen fehlt jene innere Spannung, jener Schmerz, der sie zu mehr macht
als nur einer Ansammlung schöner Töne. Sowohl „Everything I do“ als auch „Please Forgive Me“ plätschern belanglos dahin, bleiben letztlich nicht viel mehr als in Töne gegossene und bis zum Rand
zugekitschte Teenager-Sehnsüchte. Eine Ausnahme ist „Let me down easy“, das Bryan Adams ganz alleine mit Akustikgitarre präsentiert, ohne schmalzige Synthi-Streicher oder andere
Verschnörkelungen. Am anderen Ende der Skala: Das herrlich dreckige „If you wanna be bad“, bei dem Adams sich eine wilde, tanzwütige Frau im Publikum sucht und sie auf einer Seitentribüne findet.
„Shake it, shake it, shake it“, ruft er sichtlich begeistert und sorgt mit seiner Performance für den stärksten Moment des Abends.
Etwa zweieinhalb Stunden lang schwelgen Bryan Adams und seine 10.000 Fans in der Lanxess Arena in alten Zeiten. Neue Stücke? Fehlanzeige. Eigentlich schade. So bleiben eben die hinlänglich
bekannten Jugend-Themen, die Lieder über One-Night-Stands, große Liebe und Trennungsschmerz, der maßgebliche Anker im musikalischen Leben des 55-Jährigen. Warum? Darauf gibt er selbst in einem
Lied eine mögliche Antwort. „Gonna be 18 til I die.“ Schön wär's.
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