Ja, der Blues kann auch sexy sein. Seit Jahren setzt Organisator und Label-Chef Thomas Ruf bei seiner Blues Caravan immer wieder auf „Girls with Guitars“, hat damit bereits starke Frauen wie Anna Popovic, Dana Fuchs oder Samantha Fish nach vorne gebracht – und legt jetzt mit einem Trio nach, das sowohl optisch als auch akustisch nahe des Siedepunkts angesiedelt werden muss. Am Sonntagabend waren Eliana Cargnelutti, Sadie Johnson und Heather Crosse in der Bonner Harmonie zu Gast und haben dem Publikum mit Spielfreude, Energie und Virtuosität mal so richtig eingeheizt. Die musikalische Bandbreite reichte dabei von Petticoat-Pop bis ZZ Top und ließ keine Wünsche offen. Außer dem nach noch ein paar Stunden mehr mit diesem heißen Trio.
Im Mittelpunkt des Geschehens stand das Küken der Tour, die gerade einmal 18 Jahre junge Sadie Johnson. Eine Rampensau allererster Güte, immer im Kontakt mit dem Publikum, das die US-Amerikanerin
beim Joe-Cocker-Cover „Feeling Alright“ ohne Scheu zu einem call-and-response-Duett aufforderte. Dazwischen dann großartige, unbekümmerte Soli, in die Johnson, zunächst sehr konzentriert wirkend
und erst im weiteren Verlauf des Abends zunehmend lockerer werdend, immer wieder aufregende neue Klangfarben einbrachte. Mit ihren Experimenten und vor allem ihrer Ausstrahlung war sie die
perfekte Ergänzung zum faszinierenden Spiel Eliana Cargneluttis. Die bezaubernde Italienerin erwies sich als die technisch versierteste Gitarristin der diesjährigen Karawane, souverän,
differenziert, erfrischend. Und herrlich rockig: Immer wieder kamen von ihr Metal- und Hardrock-Einwürfe, Zitate aus „Smoke on the Water“ oder „Another one bites the dust“, die ein raueres,
kraftvolleres Element in die sonst eher von Leichtigkeit geprägte wirkende Musik integrierten.
Die Dritte im Bunde war ausnahmsweise keine Gitarristin, sondern eine Bassistin: Die süße, fast schon unschuldig wirkende Heather Crosse leistete zusammen mit dem exzellenten Drummer Denis
Palatin eine vorzügliche Rhythmusarbeit, staubtrocken ihr Instrument bearbeitend und ab und zu auch mal zum Mikro greifend. Was sie mit ihrer bemerkenswerten, vielschichtigen Stimme ruhig öfter
hätte machen können. Andererseits war es gerade die Abwechslung, die das Konzert zu etwas Besonderem machte. Im Gegensatz zum Blues-Caravan-Konzert im vergangenen Jahr, bei dem massiv-mächtiger
Bluesrock einen Großteil der Songs dominierte (was damals auch gut war), setzten die drei Ladies eher auf klassischen Rock 'n' Roll der 60er Jahre, auf Spaghetti Shuffle, Boogie und Funk. Und
machen das so hervorragend, dass das Publikum bereitwillig mitgeht. Zwei Stunden erdig groovender Beat. Was übrigens nicht heißen soll, dass Johnson, Cargnelutti und Crosse nicht auch einen
Original-Zwölftakter zu würdigen wüssten: Als sie Robert Johnsons „Walkin' Blues“ ankündigten, ging ein Raunen durch den Saal, das schnell der Begeisterung wich. Denn statt den Altmeister zu
imitieren, versah das Trio den Song mit ihrem eigenen energetischen Stil und machte ihn sich so zu eigen. Meisterhaft. Dieser Karawane wird man noch lange hinterherschauen. Lohnt sich aber
auch...
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