Stanley Kubricks „2001: Odyssee im Weltraum“ gilt bis heute als der wahrscheinlich wichtigste Science-Fiction-Film aller Zeiten. Nun hat das Bundesjugendorchester mit einem Konzert im Rahmenprogramm der Ausstellung „Outer Space“ in der Bundeskunsthalle das cineastische Meisterwerk gewürdigt und gleich zwei der darin verwendeten Kompositionen zum Auftakt ihrer neuen Tournee zu Gehör gebracht. Neben Richard Strauss' „Also Sprach Zarathustra“ mit seinem emblematischen Sonnenaufgangsmotiv stand Györgi Ligetis „Atmosphères“ auf dem Programm, ein zentrales Werk der Neuen Musik. Dazwischen stand mit dem Cellokonzert „Tout un monde lointain...“ des Franzosen Henri Dutilleux ein weiteres komplexes, modernes Stück, bei dem Deutschlands Nachwuchsklangkörper Nummer Eins unter der Leitung von Marc Albrecht erneut eindrucksvoll sein gesamtes Potenzial in die Waagschale warf.
Das junge Ensemble mit seinen 13 bis 19 Jahre alten Musikern aus der gesamten Bundesrepublik lieferte allen Herausforderungen zum Trotz eine Meisterleistung ab. Vor allem die Dynamik war
kontinuierlich auf höchstem Niveau, die Spannung hielt selbst in den zerbrechlichsten piano-pianissimo-Passagen. Keine leichte Aufgabe, vor allem in den Clusterklängen Ligetis, der die
Disharmonie in seinem strukturlosen, von ostasiatischer Musik inspiriertem Werk teilweise an die Grenzen des Erträglichen brachte und unter anderem die Piccoloflöten an der Schmerzgrenze trillern
ließ, bevor der Absturz in den Tartarus der Bässe erfolgte. Anstrengend, für Orchester und Publikum gleichermaßen. Doch auch Dutilleux' an Charles Baudellaires Gedichtszyklus „Les fleurs du mal“
angelehnte „Tout un monde lointain“ (in der Übersetzung von Stefan George: „ein ganzes Weltall“) brachte nur bedingt Entspannung. Das mystische, äußerst komplexe Stück setzte zwar auf die
lyrischen Qualitäten des prominent agierenden Cellos, das Alban Gerhardt mit tiefer Leidenschaft spielte, blieb aber als moderne, enigmatische Komposition dennoch außerhalb gewohnter
Hörgewohnheiten. Umso beeindruckender daher das Spiel des Orchesters, das im Dialog mit Gerhardt permanent präsent war.
Beinahe schon entspannend erschien im Anschluss Strauss. Die bombastische Einleitung kennt jeder, doch auch die restliche Komposition hat in ihrem Kontrast zwischen Natur und Geist, zwischen
Sehnsucht und Tanz, Gut und Böse einiges zu bieten. Erneut zeigte sich das Bundesjugendorchester in Bestform, brillierte in Dynamik und Klangentfaltung. Gleich zwei Harfen und eine kleine Orgel
ergänzten die klassische Orchesterbesetzung, die in den lauten tutti-Passagen endlich einmal alles geben durfte, prächtig strahlend der Genesung des der Menschen überdrüssigen Zarathustras Form
verleihend. So war es denn auch kein Wunder, dass das begeisterte Publikum sich noch eine Zugabe erklatschte. Noch einmal Strauss. Der exotische „Schleiertanz“ aus der Oper „Salome“, die im
Februar übrigens hier in Bonn auf die Bühne gebracht wird. Wieder eine exzellente Leistung, vor allem von den verführerisch starken Solo-Flöten. Ein starker Abschluss eines starken
Konzerts.
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