Abwechslungsreicher hätte die Mischung nicht sein können: Zu Gerburg Jahnkes erstem Abend mit Gästinnen in der Bonner Oper hatte die Ikone des Frauenkabaretts eine aufklärerische Satirikerin, eine Poetry-Slammerin mit Alterssorgen und seltsamen Hobbys, eine Wuchtbrumme im wahrsten Sinne des Wortes und ein Damen-Trio ganz in grün eingeladen. Klingt schon mal gut. War es auch. Trotz (oder vielleicht gerade wegen) des Karnevals war der Saal bis auf den letzten Platz gefüllt, die Stimmung famos, nur Gastgeberin Jahnke, die nach eigener Aussage fast im Krokodilskostüm gekommen wäre (hätten sicherlich alle gerne gesehen), zeigte sich etwas angeschlagen. Erkältung.
So ein Mist, das nimmt einem auch jeden Spaß. Bützen durfte sie an Altweiber somit nicht, Zigaretten kann sie im Moment auch nur paffen statt inhalieren – das ist doch kein Leben. Auf ihre
Ausstrahlung hatte dies jedoch erfreulicherweise nur minimale Auswirkung, und so lästerte sie charmant über den Papst, philippinische Karnickel, Weihnachtswampen und Möbelpornos, sofern sie nicht
stolz die anderen Künstlerinnen anmoderierte.
Die zeigten sich von ihrer jeweils besten Seite. Schon Anka Zink drehte gleich zu Anfang auf, dankte den Hooligans für ihre Burka-ähnliche Verhüllung mittels Kaputzenpullis, suchte 72 an Puzzles
interessierte Jungfrauen und fand die Verbindung zwischen jungen Männern und älteren Frauen. Ein souveräner Auftritt, auch wenn die Stringenz innerhalb der Geschichten der Bonnerin manchmal
fehlte. Als sie später etwa mit allen möglichen Handy-Apps anfing und schließlich bei den Ausbildungsrichtlinien für Service-Mitarbeiter der Deutschen Bahn landete, wurde dies noch deutlicher.
Andererseits war es schon erfreulich, dass Zink sich von den sonst so beliebten typischen Frauenthemen – Kinder, Männer, Gesundheit – fernhielt.
Gleiches galt für Sarah Bosetti. Die bezaubernde Wahlberlinerin setzt in bewährter Poetry-Slam-Manier auf nicht viel mehr als ihre herrlich skurrilen Texte, möglichst schnell vorgetragen, um
Tempo zu erzeugen, Spannung, Lust auf mehr. Funktioniert: Ihr Gespräch mit einem durchschnittsfixierten Stomberater und Zeugen Jehovas und ihre Gedanken zu Alter und Plätzchenteig kamen dermaßen
gut an, dass sie in der Pause am im Foyer aufgebauten Büchertisch bestürmt und belagert wurde und mehrere Besucher, die ihr Buch „Wenn ich eine Frau wäre“ erwerben wollten, auf das Ende der
Veranstaltung vertrösten musste. Auf ein keckes Nasenblasen verzichtete die 30-Jährige allerdings, das ist wohl, so konnte man einem ihrer Texte entnehmen, nur Freunden, Hunden und Pastoren
vorbehalten. Irritierend. Aber gut.
Während Sarah Bosetti sich ansonsten eher zurückhaltend gab, dominierte eine andere Gästin schon mit ihrem Auftritt die Bühne: Daphne de Luxe, das üppige Luxusweib, kokettierte immer wieder mit
ihren ausladenden Formen, schaffte es aber, dies nicht in Richtung Peinlichkeit abrutschen zu lassen. „Tragt eure Schwächen zu Markte“, sagte sie vielmehr – und bewies mit „Sex Bomb“ auch noch
ihre Sangeskünste. Schade nur, dass sich die versprochene Verfremdung zu einem türkischen Volkslied auf ein suboptimales Instrumental-Playback beschränkte, Melodie und Rhythmus aber nahezu
unangetastet blieben. Da hätten die Zucchini Sistaz helfen können: Das Trio setzte mit ihrem grandiosen Swing einen fulminanten Schlusspunkt, besangen den Schweinehund und gaben selbst in der
Besetzung Gitarre – Bass – Trompete eine veritable Version von Louis Primas Welthit „Sing Sing Sing“, bei dem sogar (zwischen beeindruckenden Slow-Motion-Szenen) Teile des legendären Drum-Solos
von Gene Krupa erklangen. Insofern war es nur konsequent, dass die drei Gemüse-Ladies Gerburg Jahnke bei deren Abschlusslied begleiteten. Da lohnt es sich, mehr von zu hören.
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