Sascha Thamm & Marian Heuser: Raubkatzenfänger trifft Kritikpoet

Selbst ein Meer voller Quallen kann eine Inspiration sein. Oder kopulierende Hunde. Oder ein Baumarktbesuch. In den richtigen Köpfen sind derartige banale Bilder eine literarische Goldgrube, aus der mit überspitzter Spitzhacke eine absurde Geschichte nach der anderen geschürft und das Edelmetall schließlich zu einem poetischen Kleinod geformt wird. Diese Kunst beherrscht Sacha Thamm meisterhaft. Der Poetry-Slammer und NDR-Comedy-Contest-Sieger aus Remscheid, der jetzt vor leider viel zu wenigen Gästen im Pantheon Casino auftrat, kann mit seinen Texten ohne weiteres mit Größen wie Torsten Sträter oder Marc-Uwe Kling mithalten, selbst ohne Känguru.

Wenn er von Experimenten am Lagerfeuer, dem Angriff eines fliegenden Plüschtigers aus dem Besitz einer bildungsimmunen Familie oder eben besagten Quallen- und Hunde-Begegnungen an einem Ostseestrand erzählt und dabei alle Register seiner fabelhaften Bildsprache zieht, wird ein Stuhl oder gar ein Barhocker zu einem unsicheren Sitzplatz für den von zahllosen Lachern geschüttelten Körper. Woher allerdings die Idee kommt, bei einer Renovierung weniger auf Spachtmasse und dafür umso mehr auf eine Spechtmaske zu setzen, bleibt ein Rätsel.


So brillant Thamm auch schreibt und liest, wird er doch von seinem Begleiter immer wieder ohne Mühe in den Schatten gestellt. Marian Heuser dichtet nicht, er zaubert. Wortmagie vom Feinsten, vor allem wenn es ihn in die Lyrik zieht. Dort wird der Wahlmünsteraner dann auf einmal politisch, sorgt erst für Gelächter und kurz darauf für nachdenkliche Gesichter. Gnadenlos provoziert er als Schalke-Sympathisant im Dortmund-Fan-Block und als wandelnde Faulgas-Bombe in der Sauna, skizziert Menschen, die es auf den Konflikt anlegen – und stellt ihnen die Flüchtlinge von Lampedusa gegenüber. In anderen Passagen prangert Heuser geschickt Problemverdrängung und Genussmenschentum an, legt den Finger auf so manche schwärende Wunde, herrlich unterhaltsam und zugleich ungemein kritisch. Sprachlich und inhaltlich auf höchstem Niveau: Besser kann Poetry Slam nicht sein. 

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