Die Welt ist festgefahren. Und die Zukunft sieht düster aus: Viele Kinder entweder verblödet oder durch G8-Burnout geschädigt, die Bürger durch Imperative im Supermarkt und unverständliche Politik entmündigt, und der Hashtag „Aufschrei“ kommt immer erst nach der Katastrophe. Wenn überhaupt. Sebastian Pufpaff zum Beispiel kann sich gar nicht mehr aufregen. Für den medial derzeit omnipräsenten Kabarettisten aus Bad Honnef, der jetzt im Pantheon die Premiere seines zweiten Solo-Programms „Auf Anfang“ gefeiert hat, ist das ein Desaster. Darüber könnte er sich aufregen, wenn das nicht zu einem Paradoxon führen würde. Stattdessen lieber alles positiv sehen. Immerhin hat selbst der Terror-Anschlag auf die Satire-Zeitschrift „Charlie Hebdo“ in Paris etwas Gutes: Die Menschen reden wieder miteinander, auch mit all den Moslems, die vehement gegen das protestieren, was im Namen ihrer Religion an Gräueln angerichtet wird. Oh, und Angela Merkel hat seitdem eine Meinung. Eigentlich die größere Überraschung.
Dennoch, am liebsten würde Pufpaff sich nullen. Einfach alles zurück auf Anfang setzen. Von vorne anfangen und so manche Missstände gar nicht erst entstehen lassen. Diese Turbo-Bildung etwa,
dieses Trimmen auf Effizienz ab der ersten Klasse, das die Menschen irgendwann automatisch zu den Antidepressiva greifen lässt, deren häufigste Nebenwirkung Selbstmordgedanken sind. Was
vielleicht ansatzweise erklärt, warum 50 Mal mehr Menschen pro Jahr an einem Kugelschreiber sterben als an einem Haiangriff. Es bedarf eines Neuanfangs. Einmal blitzdingsen bitte, so wie in dem
Film „Men in Black“. Ins Licht schauen und den ganzen Müll vergessen. Wenn das doch nur so einfach wäre. Ist es aber nicht. Und so wählt Pufpaff in mitternachtsschwarzer Satire den
entgegengesetzten Weg. Rein in die Krise, aber mit Karacho! Denn, so seine Überlegung, aus der Asche kann ja etwas Neues entstehen, sich die Gesellschaft wie ein Phönix erheben. Der 38-Jährige
will seinen Teil dazu beitragen und Geburtshelfer für den mythischen Feuervogel sein: So wiegelt er befreundete Pärchen gegeneinander auf, spielt Zombie im eigenen Vorgarten und geht mit den
Nachbarskindern in den Zoo, um alle Tiere zu töten. „Dann können die noch einmal Abschied nehmen, und nachfolgende Generationen gewöhnen sich erst gar nicht daran“, sagt er. „Wir heucheln unseren
Kindern eine heile Welt vor, nur um diese hinter ihrem Rücken weiter zu zerstören.“
Knapp zwei Stunden inklusive Pause räsoniert Sebastian Pufpaff über Gott und die Welt. Sehr kurz, aber auch ebenso kurzweilig. Sonderlich politisch wird er dabei nicht, bleibt eher
satirisch-philosophisch, selbst wenn er in auflockernden Comedy-Segmenten über die „Klovulotion“ durch den Dyson Handtrockner, den Zukunftsmarkt der Teledildonics und den Nutzen von Hamstern beim
Hausputz spricht. „Auch das wirft ein Licht auf unsere Gesellschaft“, sagt er. Sicher, auch wenn ein bisschen mehr Substanz an der ein oder anderen Stelle, ein paar mehr Fakten anstelle von
bitterbösen Absurditäten des bekennenden Fernseh-Fanatikers durchaus ins Konzept gepasst hätten. Zeit genug hätte Pufpaff, vor allem die zweite Hälfte erscheint mit weniger als 45 Minuten doch
etwas mager. Aber vielleicht kommt das ja noch. „So ein Programm entwickelt sich“, gesteht Pufpaff am Ende seines Auftritts. Immerhin, einen beachtlichen Scheiterhaufen mit Namen Welt hat er
schon aufgeschichtet, auch die Flammen flackern schon gierig. Die Voraussetzungen, die der anarchistische Vogelfreund für den Phönix schafft, sind also fast ideal. Was fehlt, ist lediglich ein
Flügelschlag.
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