Eigentlich soll jetzt Klartext gesprochen werden. Keine Maske mehr, keine Verstellung: Christian Springer hat in seinem neuen Programm die Schirmmütze seines Alter Egos, dem Kassenwart Fonsi, an den Nagel gehängt und meldet sich stattdessen selbst zu Wort, um Hirn und Seele seiner Heimat Bayern genau zu analysieren. „Oben ohne“ heißt der Abend bekennenderweise, mit dem er jetzt im Pantheon zu Gast war. Oben mit wäre besser gewesen. Denn auch wenn der Kabarettist und Autor (unter anderem für „Ottis Schlachthof“ und den „Bayerischen Kabarettpreis“) mitunter in atemberaubend absurder Erzählmanier so manches Problem von heute auf morgen zu lösen versteht und dabei all sein sprachliches Talent in die Waagschale wirft, fehlt es doch an vielen Stellen an Witz, Originalität und Kontinuität.
Springers Credo mag „Neu denken“ heißen – doch dann wäre es hilfreich, keine alten Kalauer auszupacken. Genau in diese Falle tappt der 50-Jährige aber immer wieder. Da wird bei der Erörterung der
Geschlechterfrage der Baumarkt als zuletzt gefallene Rückzugsbastion des Mannes betrauert, jener heilige Ort der Initiation, in der Jungen zu Heimwerker-Königen mutierten. Dann wieder ist Putins
Größe Thema, oder die beständige Vereinsmeierei, die gerade in Bayern schnell abstruse Züge annimmt und von Lobbyarbeit nur noch durch die Höhe der Einkünfte zu unterscheiden ist. Klar, dass
Springer dann auf die Politiker draufdrischt – die Frage, ob „der Nichtwähler oder der Blöde“ schlimmer sei, ist dabei allerdings nur noch peinlich.
Dabei kann er es doch besser. Als Fonsi hat er das immer wieder unter Beweis gestellt, hat große Bögen zu schlagen gewusst und meistens auch eine differenzierte Betrachtungsweise an den Tag
gelegt. Doch von ihm, dem Aufklärer, Geschichtenerzähler und Idealisten, der wagemutig in den Kampf gegen symbolträchtige Windmühlen zieht, ist leider nicht mehr allzu viel übrig. Nur die
Energiewende hat er im Griff: Der St.-Windradl-Tag könnte sie über Nacht im traditionsbewussten Bayern herbeiführen. Man müsste nur wollen. Doch Lösungen sind in der Politik längst verpönt. Es
geht nur noch darum, einen Streit künstlich in die Länge zu ziehen, weiß Springer. Denn eine Einigung unter Egomanen ist schlichtweg unmöglich. „Ich“ regiert die Welt, nicht „uns“. Ausrasten
könnte man da. Doch selbst das, für den Fonsi einst so lebensnotwendig wie Atemluft und Weißbier, ist Springer nicht mehr möglich. Ob es nun um bayerische Vetternwirtschaft geht oder um
„Ertüchtigungsinitiativen“ der Bundeswehr im Ausland, mit denen sich der Münchener im Rahmen seines humanitären Engagements in Syrien (das er bewusst nicht zum Thema macht) hinreichend
beschäftigt hat – die große Explosion, der kabarettistische Big Bang, bleibt ebenso aus wie eine scharfzüngige Abrechnung. Schade. Oben mit wäre es vielleicht besser gegangen.
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