Besser hätte es kaum laufen können: Trotz der enormen Hitze sind am vergangenen Donnerstag Tausende auf den Bonner KunstRasen geströmt, wo das Beethovenorchester unter der Leitung des munter moderierenden Chefdirigenten der Operr, Hendrik Vestmann, bei freiem Eintritt zum KlassikPicknick eingeladen hatte. Mindestens 4000 Zuhörer dürften es gewesen sein, die mit Decken und Proviant gewappnet in die Rheinauen kamen, um von dort aus an einem Road-Trip quer durch die USA teilzunehmen, vom Broadway New Yorks bis zur Traumschmiede Hollywood. Ein ansprechendes, populäres Programm, das vor allem im ersten Teil neben einigen typischen Ohrwürmern auch einige heutzutage eher unbekannte Titel aufwies und mit dieser Mischung bestens zu unterhalten wusste.
Die musikalische Reise ist zugleich Reminiszenz an eine kulturellen Entwicklung: Die zunehmende Verlagerung der Unterhaltungsindustrie von den beliebten Musicals der 30er bis 50er Jahre hin zu
den großen Kino-Blockbustern und die damit einhergehende Wandlung der Komponistentätigkeit schwingt permanent mit. Die großen, klassisch vorgetragenen Lieder wie „I Could Have Danced All Night“
aus Frederick Loewes „My Fair Lady“ (wunderbar gesungen von Sopranistin Anna Princeva, die ebenso wie ihre Kollegen Christian Georg und Priit Volmer das Konzert bereicherte) gehören ebenso der
Vergangenheit an wie die großen, noch an die Opern- und Operetten-Tradition angelehnten Ouvertüren, die in sich bereits die gesamte Handlung tragen. Dabei griff das Beethovenorchester unter
anderem auf George Gershwins „Funny Face“ und auf Richard Rodgers' „Oklahoma!“ zurück – die Komponisten dürften dem Publikum wohl noch eher bekannt gewesen sein als die Musicals.
Dies änderte sich nach der Pause drastisch: Die Titelthemen von „Star Wars“, „Harry Potter“ oder „Pirates of the Caribbean“ haben sich längst ins kulturelle Gedächtnis eingebrannt, ebenso wie die
Musik von „Schindlers Liste“, deren berühmte Violinenmelodie Mikhail Ovrutsky mit viel Gefühl und Intensität präsentierte. Neben den Werken von John Williams und Hans Zimmer wendete sich das
Orchester allerdings auch Ennio Morricone und Charlie Chaplin zu, spielte das Liebesthema aus dem Film „Cinema Paradiso“ und das wundervoll sentimentale „Smile“, das ohne den erstmals von Nat
King Cole verwendeten Text sogar noch anrührender ist.
Insgesamt kann das Beethovenorchester, das im vergangenen Jahr ziemlich unter Regengüssen gelitten hatte, mit diesem KlassikPicknick einen Erfolg verbuchen. Einzig die Akustik sorgte bei einigen
Besuchern für Unmut: Vor allem weiter hinten waren die leisen Passagen im Allgemeinen und die Solisten im Besonderen trotz vorhandener Mikrofone mitunter nur schwer zu verstehen. Dennoch hat der
Andrang gezeigt, dass das Bonner Publikum durchaus Interesse an symphonischen Klängen hat. Wenn denn der Rahmen stimmt.
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