So spielen wie zu Haydns oder Beethovens Zeiten: Mit diesem Grundgedanken gilt Anima Eterna Brügge unter der Leitung von Jos van Immerseel seit Jahren als eines der führenden Ensembles im Bereich der „historisch informierten Aufführungspraxis“. Nun war das Orchester im Rahmen des Beethovenfests für gleich drei Konzerte nach Bonn gekommen und versuchte von Donnerstag bis Samstag, den speziellen Klang des 18. und 19. Jahrhunderts bestmöglich zu rekonstruieren.
Zugegeben, wahrscheinlich werden höchstens einige Musikwissenschaftler erkennen können, ob der Anspruch, den Anima Eterna an sich stellt, in der Beethovenhalle erfüllt worden ist. Immerhin setzte
es schon optisch ein Statement, indem es, wie früher üblich, im Stehen konzertierte. Unbestritten ist auch, dass das Orchester bereits am ersten Abend, als das Konzert live vom Deutschlandfunk
übertragen wurde, die Messlatte sehr hoch setzte. Eine unglaublich feine, differenzierte Dynamik und ein exzellentes Gefühl prägten das Spiel von Anfang an. Schon der erste Satz der Sinfonie Nr.
104 D-Dur von Joseph Haydn ließ keine Wünsche offen, zeigte sich heiter und schmerzlich zugleich, irgendwie melancholisch, aber nicht pessimistisch. Diese Stimmung zog sich durch das gesamte
Stück, erst das lebhafte Finale mit seiner Überhöhung eines kroatischen Volkslieds führte in eine „Apotheose befreiter und befreiender Ursprünglichkeit“, wie es Gerald Felber im Programmheft
treffend beschreibt.
Dirigent van Immerseel konnte bei diesem Konzert auch solistisch brillieren: Zusammen mit Claire Chevallier gestaltete er Felix Mendelsohn Bartholdys Konzert für zwei Klaviere und Orchester
E-Dur. Rücken an Rücken saßen die beiden, immer wieder in einen Dialog eintretend, aus dem sich mal der eine, mal der andere herauslöst und seine Virtuosität unter Beweis zu stellen. Genau zu
diesem Zweck hatte Mendelssohn Bartholdy, damals 14-jährig, das Stück komponiert. Das Orchester förderte und stützte dieses Ansinnen – und kam dafür nach der Pause einmal mehr zu seinem Recht.
Die prächtige „Egmont“-Ouvertüre Ludwig van Beethovens, sehr minimalistisch dirigiert und dennoch mit einer herausragenden Dynamik ausgestattet, riss das Publikum mit, während Franz Berwalds
dritte Symphonie C-Dur mit seiner oft naturhaften Tonsprache zu überzeugen wusste. Anima Eterna zeichnete die entsprechenden Bögen und Linienführungen geschickt nach, entwickelte den Klang vom
verschüchtert Koboldhaften zum Majestätischen, leitete das quecksilbrige Scherzo mit einem unerwartet heftigen Paukenschlag ein, der so manchen Zuhörer zusammenzucken ließ, und setzte im Finale
unter anderem auf die sehr präsenten Blechbläser.
Die beiden anderen Abende fokussierten sich programmatisch auf Beethoven auf der einen und Franz Schubert auf der anderen Seite. Am Freitag standen sich die beiden achten Symphonien gegenüber, am
Samstag die „Pastorale“ und die Ouvertüre zu „Die Zauberharfe, die wiederum die vierte Symphonie des englischstämmigen Franzosen George Onslow umrahmten. Am Sonntag endete schließlich das
Beethovenfest mit dem Abschlusskonzert der Bamberger Symphoniker.
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