„Pflanzen nicht füttern!“ Diese Warnung sollte man ernst nehmen. Sehr ernst. Denn wer weiß schon, was da für Exoten da im heimischen Blumentopf vor sich hinwachsen und heimlich blutige Weltherrschaftspläne schmieden. Klingt absurd? Keineswegs. Zumindest nicht auf der Bühne des Theater Bonn. Dort hat das Kult-Musical „Der Kleine Horrorladen“ in einer Inszenierung von Erik Petersen jetzt eine umjubelte Premiere gefeiert und zugleich auf die grüne Gefahr hingewiesen. Ein exzellentes und spielfreudiges Ensemble, zu dem unter anderem der Schauspieler und Moderator Michael Schanze (als Blumenladenbesitzer Mr. Mushnik) sowie der Kabarettist Hans-Werner Olm (als Zahnarzt Orin) zählen, eine knackig spielende Band und eine herrliche Bühne sorgten dafür, dass die trashig-absurde Handlung zwischen überzeichnetem Kitsch und B-Movie-Schrecken bestens zu unterhalten wusste.
Zugegeben, hanebüchen ist die Geschichte um die Killerpflanze Audrey II schon: Von dem schüchternen, leicht vertrottelten Seymour auf einem Markt gefunden und mit viel Liebe und dem ein oder
anderen Tropfen Blut aufgepäppelt, erfüllt das immer hungrige Monstergewächs diesem all seine heimlichen Wünsche, macht den Blumenladen von Ziehvater Mushnik in der verlotterten Skid Row zum
angesagtesten Geschäft der Stadt, sorgt für Ruhm und Ansehen – und bringt ihn schnell dazu, den sadistischen Orin, den Freund von Seymours heimlicher Liebe Audrey, als Spezialdünger zu verwenden.
Weitere Opfer folgen, bis es zur unausweichlichen Katastrophe kommt. Verrückt – doch eigentlich spielt das keine große Rolle. Ist schließlich ein Musical. Viel wichtiger sind die Songs, das
schmissige „Downtown“ etwa oder die herrlich rockig-opulenten Pflanzen-Titel „Suppertime“ und „Mean Green Mother From Outer Space“.
Die Darsteller präsentierten diese Stücke mit jeder Menge Elan und Charme, allen voran der phänomenale Dennis LeGree, der schon in „Starlight Express“ über 700 Mal als Dampflok Papa zu begeistern
wusste und bei der Premiere des „Kleinen Horroladens“ der bemerkenswert animierten Audrey II seine Stimme lieh. Matthias Schlung gab derweil Seymour Tiefe, Bettina Mönch mimte überzeugend und mit
volltönendem Organ das blonde Dummchen Audrey, und die drei herausragenden Soulgirls Beatrice Reece, Amanda Whitford und Sampaguita Ingeborg Mönck begeisterten ebenfalls. Erfreulich zudem die
Auftritte von Hans-Werner Olm, der sich in seiner Rolle als Zahnarzt (zum Glück) gewisse textliche Freiheiten nahm. Minimale Schwächen zeigten sich letztlich nur bei dem typisch deutschen
Übersetzungswahn, der in seiner Inkonsequenz irritierte: Warum „Mean Green Mother“ als einziger Song im Original erklang ist ebenso wenig verständlich wie einige irritierende und unnötige
Anglizismen.
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