Einer steht auf Stehtische, andere auf Sellerie und Kirschkuchen. Jedem Liedermacher sein eigener Fetisch. Im Pantheon können nun neun von ihnen ihre Leidenschaft ausleben, dank der Einladung der Prix-Pantheon-Jurypreisträger von 2014, dem charmant-schüchternen Duo Simon & Jan. Die beiden haben kurzerhand ein paar Freunde zusammengetrommelt, um im Rahmen des Liedermacher-Sommers unter Beweis zu stellen, dass mitunter auch die große deutsche Boulevardzeitung mit den vier Buchstaben Recht haben kann, die ein nahezu identisches Konzert in Essen als Tagestipp auswies. „Immer wieder kreuzen sich unsere Wege mit einigen inzwischen sehr liebgewonnenen Kollegen, und so ist es jetzt ein Fest, sie alle wiederzusehen“, erklärt Simon den Hintergrund des gemeinsamen Auftritts, auch wenn er zugeben muss: „Ihr werdet keinen Künstler so lange auf der Bühne erleben, wie ihr das wollt.“ Mit beiden Aussagen hat er recht.
Das Duo erweist sich als exzellenter Gastgeber: Es drängt sich nicht in den Vordergrund, fordert nicht vehement eigene Bühnenzeit ein, sondern setzt lediglich einzelne Lieder (zum Auftakt und
quasi als Motto Rio Reisers „Halt dich an deiner Liebe fest“) zwischen die Auftritte der Anderen und begleitet diese elegant und unaufdringlich bei den jeweils ersten Stücken. Hätten sie ruhig
öfter machen können, gelingt ihnen doch durch ihre Zurückhaltung und ihren feinen Harmoniegesang ein ums andere Mal eine Aufwertung der jeweiligen Songs. Es sind allerdings auch durch die Bank
weg Titel, die ohne weiteres von Simon & Jan selbst stammen könnten: Stil und Humor ähneln sich, große poetische Geschichten treten zugunsten humoristischer Texte in die zweite Reihe. Und
doch weist jeder Künstler seine eigene Färbung auf. Andy Rüttger zum Beispiel, der einzige Pianist des Abends, liebt recht einfach gestrickten Blues und Boogie, über deren Akkordfolgen er
Nonsenslieder über das Kind von Mensch und Pflanze („Wacholger“) oder über den bereits erwähnten Stehtisch-Fetisch trällert. Dagegen setzt das Bonner Duo Positano, wie es selbst zugibt, auf
„schmalzigen Möchtegern-Hiphop“, der ab und an zwar etwas zu bemüht auf das Klischee getrimmt wird, aber immerhin mal etwas Neues in der hart umkämpften Liedermacher-Szene darstellt.
Dennoch sind es die rockig-punkigeren Vertreter des Genres, die das Publikum am meisten begeistern. Beim Duo PanneBierhorst war das nicht anders zu erwarten, immerhin ist Rüdiger Bierhorst einer
der Monsters of Liedermaching, kann also auf eine breite Fan-Basis zurückgreifen und kann zugleich mit einigen hervorragenden Texten punkten. Und „Reis Aganist The Spülmachine“ alias Onkel Hanke
und der Spieltrieb-Hälfte Philipp Kasburg? Setzen kurzerhand auf die Verballhornung bekannter Rocksongs, fordern die Menge ohne zu zögern zum Mitsingen auf und gibt Vollgas. Mit genug Obst und
Gemüse geht so ziemlich alles: Aus der „Teenagerliebe“ wird „Die Nektarine“, „Supa-Litschi“ fliegt vorbei und auch Quitten, Bananen und Äpfel werden verwurstet. Einfach, aber effektiv. Zumal
inmitten dieser Parodien auch einmal kritische Töne angeschlagen werden: Als zu Elvis-Tönen auf einmal „In dem Netto“ ertönt, schwankt die Stimmung zwischen brüllendem Lachen und betroffener
Ernsthaftigkeit. Derartige Momente hätten ruhig noch etwas öfter kommen können. Doch auch so hat sich der Abend für die Besucher gelohnt, die am Ende tosenden Applaus spendeten.
Kommentar schreiben