Ein Songwriter mit Musik zum Zurücklehnen, ein frisch preisgekrönter Blues-Gigant, ein wiedererwachtes Power-Metal-Trio und eine ordentliche Dosis Voodoo-Trance: Es ist schon etwas her, dass das WDR Crossroads-Festival zuletzt eine derart außergewöhnliche Bandbreite präsentieren konnte. Und ein derart hohes Niveau. Die letzten beiden Doppelkonzerte der aktuellen Staffel ließen am Freitag und Samstag in der Harmonie aus der Überraschung heraus Begeisterung entstehen und standen so Pate für den Grundgedanken der Reihe. Besser hätten die Organisatoren es kaum planen können.
Dabei ließ der Freitag zunächst keine echte Party-Stimmung aufkommen – dafür ist die Musik von Steve Waitt aber auch nicht gemacht. Sie genießt man wahrscheinlich am besten mit einem guten Glas
Rotwein vor dem prasselnden Kamin, während draußen der Regen herunterprasselt. Die Songs des Soundbastlers sind feine, oft melancholische Klanginstallationen, durchaus poppig, aber keineswegs
schlicht, getragen vom mal wabernden (und leider zu selten explodierenden) Gitarrenspiel Greg Tuoheys, und den Harmonieläufen, die Waitt parallel zum Gesang auf dem Keyboard zum Besten gibt. Beim
Konzert erwies sich letzterer allerdings auch als jemand, der die Frisur von Art Garfunkel und die Introvertiertheit von Paul Simon in sich vereint: Eine echte Verbindung zum Publikum vermochte
er nicht aufbauen. Dies gelang Thorbjørn Risager dagegen umso leichter. Der Däne, der mit seiner Band auch den Jahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik entgegennehmen durfte und schon
diverse Male in der Harmonie gespielt hat, gab mal wieder Vollgas, rockte mit Blues und Boogie das Haus und schuf dank messerscharfer Bläser, einer staubtrockenen Rhythmussektion und einer
Stimme, die den Drive von John Lee Hooker mit dem Charisma der Blues Brothers vereint, einen Crossroads-Höhepunkt, den das Publikum vermutlich nicht so schnell vergessen wird.
Kontrastreich erwies sich auch der Samstag: Während Dizzy Mizz Lizzy zum ersten Mal seit 21 Jahren wieder in Bonn weilten und ihren frenetisch feiernden Fans mit krachenden, zugleich aber
herrlich melodiösen Metal-Hymnen bewiesen, dass sie rein gar nichts verlernt hatten, riefen My Baby mit dem hell vibrierenden, kraftvollen Organ von Sängerin Cato van Dyck und dem unglaublich
vielseitigen und differenzierten Spiel ihres Mannes Sheik den besagten Voodoo-Trance hervor und verwandelten die Rockpalast- in eine Rave-Veranstaltung. Aber eine, die sich lohnte. Was letztlich,
auch wenn die Geschmäcker bekanntermaßen verschieden sind, für jedes Crossroads-Konzert galt.
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