In gewisser Weise ist ein Konzert fast immer auch eine Zeitreise. Mal geht es nur ein paar Tage oder Wochen zurück, dann wieder zum ersten Kuss, in die Kindheit oder aber in Epochen, in denen man noch nicht geboren war. Doch sowohl hinsichtlich der zu überbrückenden Jahrhunderte als mit Blick auf die Einblicke in eine andere Kultur war der Auftritt des Ensemble Sanstierce in der gut gefüllten Brotfabrik am vergangenen Mittwoch etwas ganz besonderes: Die Sängerin oder besser Trobairitz Maria Jonas, der Kniegeigenvirtuose Bassem Hawar sowie der Flötist und Lautenspieler Dominik Schneider führten das Publikum in die mittelalterliche Welt auf der iberischen Halbinsel.
Hinein in die von arabischen und frühportugiesischen Elementen dominierte Klangwelt des Hofs von Córdoba, aber auch in den Gesang der Sepharden, der spanischen Juden. Mezzosopranistin Maria Jonas, deren klare Stimme den klagenden arabischen Singsang ebenso beherrschte wie den im Fado zentralen Weltschmerz des "saudade", ordnete die faszinierenden Stücke mit umfangreichem Hintergrundwissen in jene Zeit ein, lobte das (unter Historikern allerdings mitunter umstrittene) friedliche Zusammenleben von Christen, Juden und Muslimen und präsentierte einen Liederzyklus aus dem 13. Jahrhundert, zu dem im Gegensatz zu den meisten anderen Werken jener Zeit tatsächlich Melodien überliefert sind. Dazu spielten Hawar auf seiner Djoze (angeblich eines der ältesten bekannten Instrumente der Welt) und Schneider herrliche Verzierungen und schufen jene Stimmungen, die aus den Maqam-Reihen der arabischen Musik hervorgehen. Ein besonderes Erlebnis.
Kommentar schreiben