Von politischen Statements zu Zwiebelkuchen-Dünnpfiff in 60 Minuten: Einen derartigen Verfall des kabarettistischen Niveaus schaffen nur wenige. Michl Müller gehört dazu. Der Franke, der am vergangenen Sonntag das Brückenforum gerade mal zu einem Drittel füllte, rutscht in seinem Programm "Ausfahrt freihalten" eben dahin, wo der Applaus am lautesten ist. Aussagen? Werden überbewertet. Unterhalten will er, der "Dreggsagg", der seit 2015 sogar bei der ARD eine eigene Sendung hat.
Also so suchte der 44-Jährige auch in Bonn so manche Comedy-Abgründe auf, die ansonsten eher gewissen Privatsendern vorbehalten sind, sprach über Dildo- und Dessous-Partys, Rotz-Analysen-Apps, militante Rentner sowie Hosen auf Halbmast und wurde dafür auch noch mit großem Jubel bedacht. Selbst Humor muss heutzutage eben billig sein, Massenware aus dem Gag-Supermarkt – dann wird er umso begeisterter konsumiert. Geiz ist offenbar geil, auch beim Witz.
Dabei begann der Abend eigentlich weitaus vielversprechender: Müller griff den Wahlsonntag, Volker Becks Drogenmisere und Seehofers Obergrenzen-Gepolter auf, schnitt die Themen zwar nur an, zeigte sich aber immerhin politisch interessiert und sogar erfreulich aktuell. Gut, nicht alle Pointen zündeten (was Haribo mit Panzerfäusten zu tun haben soll, hat wahrscheinlich niemand nachvollziehen können), aber immerhin zeigte der 44-Jährige sich bemüht und konnte so einige Akzente setzen. Doch dann fuhr die Rolltreppe abwärts, nicht zuletzt dank einiger angestimmter "Protestlieder" auf Ballermann-Niveau, mit Billig-Playback und Inhalten aus der Kloschüssel des schlechten Geschmacks. Harndrang auf der Autobahn sowie die bereits erwähnten Verdauungsprobleme nach dem Genuss von Zwiebelkuchen und Federweißer erwuchsen zu vermeintlichen Perlen der Fäkalmusik, die nichtsdestotrotz im Publikum dank einer entsprechenden rhythmischen Unterlegung einen Klatschreflex auslöste. Erschreckend.
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