Diese Lebenszeichen stoßen mit Sicherheit nicht auf taube Ohren: Beim Auftakt-Doppelkonzert des ersten WDR Crossroads-Festivals in diesem Jahr hat sich New-Wave-Legende Fischer-Z eindrucksvoll zurückgemeldet. Doch während die Band um Mastermind John Watts vor allem für ihre Vergangenheit gefeiert wird, ist die Zukunft fest in der Hand von The Deaf, die mit krachend-punkigem Garagenrock und einer Live-Show der Extraklasse keine Wünsche offen lässt. Außer dem nach noch mehr Party. So trifft Explosivität auf Abgeklärtheit, Spielfreude auf Textqualität. Das Publikum zeigt sich dementsprechend begeistert, feiert den Alten Hasen ebenso wie die Jungen Wilden und bestätigt so einmal mehr das erfolgreiche Crossroads-Konzept.
Schon zu Beginn legen The Deaf die Messlatte hoch. Das Quartett aus Den Haag könnte derzeit vielleicht sogar die beste holländische Live-Band sein, wild, ungestüm, brillant, sympathisch und
vollkommen verrückt. Frontmann Frans van Zoest erweist sich als wahrer Meister des Irrsinns, als Springteufel mit Charisma, der das Publikum innerhalb von Sekunden in seinen Bann gezogen hat. Er
will Party – und er macht Party. Hemmungsloses Garagen-Geschrammel gepaart mit dreckigem Rock 'n' Roll im Stil der 60er Jahre, diese Mischung funktioniert erstaunlich gut, vor allem da sich
dazwischen auch feine Indie-Balladen („Coming Down That Road“) und schamanistisch pulsierende Werke („Soul Trapper“) befinden, die ihren eigenen Drive haben. Van Zoest und die bezaubernde
Bassistin Janneke Nijhuijs wechseln sich geschickt beim Gesang ab und harmonieren dabei ausgezeichnet; zugleich erlaubt diese Arbeitsteilung van Zoest, sich immer wieder in krachende Gitarrensoli
zu ergeben, zu posieren und zu energetisieren. Im Hintergrund lässt derweil Kit Verdijk die Sticks wirbeln und die Toms dröhnen, während Keyboarder Maurizio Pinna, sofern er nicht gerade
Bocksprünge vollführt, so sehr an seinem Instrument herumwackelt, das dieses einmal gar einen Kameramann und einen Fotografen unter sich zu begraben droht. Egal, auch das verzeiht man The Deaf,
dafür ist die Stimmung einfach zu gut.
Nach diesem fulminanten Auftritt wirken Fischer-Z zunächst beinahe bieder und brav, zumal der Sound der Band, die mit Ausnahme von Frontmann John Watts mit der ursprünglichen Besetzung nichts
mehr zu tun hat, deutlich stärker in den Singer-Songwriter-Stil mäandert als früher. Für Watts' Stimme ist dies ein Segen, hat diese doch eine sonore, leicht raue Qualität gewonnen, die einem
Erzähler gut zu Gesicht steht. Was nicht heißen soll, dass Fischer-Z nicht immer noch rocken können. Die Band spielt jetzt vielleicht etwas entspannter, etwas gemächlicher – diese Einschätzung
mag aber auch durch den Kontrast zu The Deaf genährt werden –, können mit ihren alten Hits die Fans aber immer noch begeistern. Vor allem „Battalions of Strangers“ und „Berlin“ haben nichts von
ihrer Kraft verloren, sind noch immer eindringlich, intensiv, mächtig. Auch “Marliese“ sorgt für frenetischen Jubel, während „Red Skies Over Paradise“ schmerzlich vermisst wird. Dazwischen
tummeln sich drei Nummern vom aktuellen Album „This Is My Universe“, die sich nahtlos ins Œuvre von Fischer-Z einfügen und im Falle von „Just Like Justice“ sogar das Potenzial zu zukünftigen
Klassikern haben.
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