Alt trifft auf Jung, Free Jazz auf Bigband-Swing, Fliegenwalzer auf Doldinger-Groove: Das Konzert in der Philharmonie Köln anlässlich des 80. Geburtstags des Jazz-Trompeters und Komponisten Manfred Schoof erwies sich am vergangenen Samstag als ebenso vielseitig wie das musikalische Schaffen des Jubilars. Zahlreiche Weggefährten, darunter Klaus Doldinger, Emil Mangelsdorff, Pablo Held und Markus Lüpertz, feierten mit dem „großen Romantiker der Jazz-Avantgardisten“, einem der prägenden Köpfe der europäischen Musiklandschaft, der es sich nicht hatte nehmen lassen, sämtliche an diesem Abend aufgeführten Stücke – sofern sie nicht ohnehin aus der eigenen Feder stammten oder reine Improvisation waren – selbst zu arrangieren. Das Bundesjazzorchester (BuJazzO) als zentraler Klangkörper setzte diese Wünsche in herausragender Qualität um und erwies sich einmal mehr als exzellente Nachwuchsschmiede für junge Jazz-Talente, die immer wieder als Solisten in Erscheinung treten durften.
Schoof, der die Aufgaben des offiziellen Moderators Gerd Scobel schnell und ohne mit der Wimper zu zucken übernahm und diesen in erster Linie als Stichwort- und Fragengeber zu Wort kommen ließ (dies dafür aber ausgiebig, immerhin liebt er das Gespräch über die Musik fast ebenso sehr wie die Musik selbst), zeigte sich in bestechender Form – und dementsprechendem Tatendrang. Natürlich griff er zu seiner Trompete, die er noch immer meisterhaft zu spielen versteht, doch auch als Dirigent tat er sich immer wieder hervor. Und wenn sonst nichts zu tun war, räumte er eben die Bühne auf. Doch dafür gab es zum Glück nur selten Gelegenheit. Mal improvisierte er mit Pablo Held, dann wieder trompetete er mit seinem Schüler Terrence Ngassa und Ryan Carniaux um die Wette oder korrespondierte musikalisch mit dem kurzfristig am Klavier sitzenden Bildhauer Markus Lüpertz, bevor sich das abstrakte „Spirits Of Today“ samt zweier Schlagzeuger, einem ekstatischen BuJazzO und der ganzen Wucht des Free Jazz zu einer Kakophonie erhob. Dabei kann das Chaos auch weitaus harmonischere Züge haben, wie etwa das Duo Alexander von Schlippenbach und Aki Takase bewies, die vierhändig drei Stücke am Klavier spielten. Ein bemerkenswertes Erlebnis – wie ohnehin das gesamte Konzert. Herausragend waren jedoch zum einen das gefühlvolle Saxofonspiel des 90-jährigen Emil Mangelsdorff, der bei Duke Ellingtons „Prelude To A Kiss“ exquisite Solo-Linien in die Philharmonie entließ, und zum anderen der Auftritt von Klaus Doldinger, der in diesem Jahr ebenfalls seinen 80. Geburtstag feiert und der mit „Reng Deng“ einmal mehr sein unvergleichliches Gespür für Grooves und Melodien erkennen lässt. „Das war ganz anders als die Stücke, die ich sonst arrangiere, aber es hat großen Spaß gemacht“, sagte Schoof hinterher. So spricht eben ein Mann, der für den Jazz lebt. Und das hoffentlich auch noch einige Jahre.
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