Für alles gibt es eine App. Das Handy weiß mittlerweile alles, kann berühmte letzte Worte auflisten, den Erlkönig rezitieren oder auch als Loop-Station aus einem einzelnen Sänger einen ganzen Chor machen. Toll - doch warum die Technik nutzen, wenn man auch echte Menschen haben kann, die genau das selbe tun? Nur viel besser? So wie Maybebop: Das a-capella-Quartett aus Hannover hat in seinem neuen Programm "Das darf man nicht" dem Medienwahn der "Zuvielisation" den Kampf angesagt und erweist sich im Pantheon eindeutig als die bessere Wahl. Spritzig, witzig und mit beeindruckendem Harmoniegesang lassen die Vier keinen Zweifel daran, das Technik nur ein Hilfsmittel für echte Stimmen sein kann. Auch wenn sie beides mit gleich viel Enthusiasmus in ihre Show einbauen.
Erfreulicherweise nutzen Maybebop ihr Programm nicht etwa für eine Ansammlung von Kalauerliedern, sondern schlagen durchaus gesellschaftskritische Töne an, rufen zur Entschleunigung auf (das Recht auf eine Pause hat auch Gott, selbst wenn dadurch ein Komet die Menschheit ausradiert) oder setzen sich in "Das darf man nicht" unter anderem mit den Panama Papers und dem Schmähgedicht auf Erdogan auseinander. Derart aktuell zeigen sich a-capella-Formationen nur selten. Dazwischen blitzen ein paar unterhaltsame Familienlieder auf, die epische Beantwortung der Gretchenfrage samt der in düstere Liedform gegossenen "Angst vor dem Tod", ein buntes, vor Stimm-Immitationen überquellendes Medley der Rock- und Pop-Geschichte - sowie eine Hommage, die an diesem Abend besondere Relevanz hat. Denn während die ersten Meldungen vom Tod des legendären Sängers Prince durch die Medien wabern, präsentieren Maybebop eine ganz ruhige, balladeske Version von "Purple Rain", die ohne weiteres als Elegie fungieren kann. Ein Gänsehaut-Moment. Ohnehin ist das Quartett immer dann besonders stark, wenn es gefühlvoll agieren kann (auch bei "Ich seh dich") – oder wenn es sich an epische Dichtungen heranwagt. Sowohl "Festung" als auch "Erlkönig" sind ein Genuss, bieten herausragende Arrangements und die perfekte Symbiose aus Ton- und Stimmtechnik. Kein Zweifel: Maybebop ist so stark wie nie. Und besser als jede App.
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