Nach den letzten Tönen von „White Shadows“ herrscht Stille. Kein Applaus, nur begeistertes Schweigen. Es ist die ultimative Ehrerbietung für Jacob Karlzon, der mit diesem Instrumentalstück seinen Auftritt im Kammermusiksaal des Beethovenhauses krönt. Im Rahmen des Bonner Jazzfests kreiert der charismatische Schwede, der momentan auf Solo-Tour ist, einmal mehr seine verspielten Klanggemälde, für die er sich bei der Klassik ebenso gerne bedient wie bei hartem Rock.
An dem Ergebnis kann man sich genüsslich berauschen, kann eintauchen in die Klangwelten, die da aus dem Flügel quellen, kontinuierlich fließend und pulsierend. Woher diese Melodien kommen, wirkt
mitunter wie ein Mysterium. Selbst für Karlzon: „Meine linke Hand hat manchmal ebenso ein Problem mit Autorität wie ich und macht Dinge ganz von selbst“, gesteht er mit einem Lachen. Da kann er
noch so viele Befehle geben. „Ich bin Diktator und Rebell in einem.“ Zumindest nach Innen. Für das Publikum ist er vor allem einer, der sich nicht um Grenzen schert, sich eben auch mal von der
Metalband Korn inspirieren lässt und daraus kraftvolle, virile und zugleich wunderschöne Melodielinien zieht oder der ausgerechnet während der ersten wirklich schönen Frühlingstage sein Konzert
mit „November“ beendet. „Ich hoffe, das ist OK“, sagt er. Ja. Ist es.
Die Liebe zur Vielfalt und zur Klassik teilt Karlzon mit den beiden Jazz-Veteranen Dave Liebman und Richie Beirach, die schon mit Legenden wie Stan Getz, Miles Davis oder Chet Baker gespielt
haben. Seit 50 Jahren stehen die beiden nun schon gemeinsam auf der Bühne, fast schon wie ein altes Ehepaar, wenn auch eines, das sich die Liebe am Experimentieren und Entdecken bewahrt hat. In
einer Art Zwiegespräch werfen sich die Duo-Partner die Bälle zu, komplexe, aber immer irgendwie lyrische Versatzstücke, mit denen sie dann meisterhaft zu jonglieren verstehen. Liebman holt aus
seinem Saxofon alles heraus, lässt es mitunter schnaufen und keuchen, meistens aber singen, während Beirach ganz entspannt über die Tasten jagt und immer wieder Pausen schafft, um sich sein Haar
zurückzustreichen, nur um sogleich wieder loszulegen und sich dabei auch mal vor Beethoven zu verneigen. „Ich habe ihn immer bewundert“, gesteht der 68-Jährige, „denn er hat den Sound des Pianos
grundlegend verändert.“ Beethoven als früher Jazzer - das hat man bei diesem Jazzfest schon öfters gehört. An diesem Abend spürt man den Geist des großen Sohns der Stadt aber besonders deutlich.
Und kann ihm nur umso dankbarer sein.
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