Königinnenwetter sieht eigentlich anders aus: Donnergrollen und Dauerregen bestimmen das einzige Deutschlandkonzert von Queen im nur halb gefüllten Kölner RheinEnergie-Stadion, konkurrieren mit der großen Lasershow, dem Bombast, dem epochalen Rock einer der erfolgreichsten Bands der Welt. Und mit den Erinnerungen und Emotionen, die zwangsläufig aufkommen. Viel Nostalgie ist dabei, aber auch viel Wehmut. Seit 25 Jahren ist Freddy Mercury nun schon tot und wird doch vermisst wie kein anderer Superstar. Dabei steht mittlerweile mit Adam Lambert ein neuer Sänger auf der Bühne, der seine Aufgabe kaum besser erfüllen könnte: Ein schillernder Liebhaber großer Gesten mit beeindruckender Stimmgewalt, der sich durchaus seinem großen Vorbild annähert, ohne Mercury komplett zu kopieren – und doch in seinem Schatten steht. Oder unter einen roten Regenschirm.
Queen geben von der ersten Sekunde an Vollgas, auch wenn die großen Hits ein wenig auf sich warten lassen. „Seven Seas of Rhye“ oder „Fat Bottomed Girls“ stehen am Anfang und erlauben es Lambert,
sich warm zu singen und seinen eigenen Ton zu finden. Gleiches gilt für Drummer Roger Taylor, der sich mit seinem Sohn Rufus abwechselt, und Gitarrist Brian May, der zwar in den Soli nicht mehr
ganz so frisch und punktgenau ist wie früher, dies aber mit ungebrochener Leidenschaft ausgleicht. Irgendwann ist es dann aber soweit; jetzt kann die Party richtig losgehen. „I Want To Break
Free“ – und dann heißt es Feuer frei für die Hymnen. Dabei setzen neben Lambert auch May und Taylor gesangliche Duftmarken, ersterer mit einer gefühlvollen Akustik-Version von „Love Of My Life“,
letzterer mit „These Are The Days Of Our Lives“ und einer Drum Battle mit seinem Filius, bei der der Senior kurzerhand an einem Schlagzeug im Regen Platz nimmt.Echte Rocker schockt das nicht. Man
flucht vielleicht, spielt aber trotzdem. Und freut sich, wenn es Schirmträger gibt.
Immer größer werden die Hits – und immer stärker damit die Assoziationen mit Freddy Mercury. Lambert ist gut drauf, keine Frage, liefert etwa bei „Don't Stop Me Now“ eine Meisterleistung ab,
kraftvoll und auf den Punkt. Und doch: Irgendwas fehlt. Vielleicht sind es die zahllosen Gesten, die etwas zu einstudiert wirken, diese Posen, die man dem 34-Jährigen mitunter nicht so recht
abnimmt. Oder eben doch der besagte Schatten, der immer weiter wächst und den Queen vergeblich durch noch mehr Effekte in den Griff zu bekommen versucht. Ausgerechnet bei „Who Wants To Live
Forvever“, dieser melancholisch-rebellischen Rock-Ballade, senkt sich eine Discokugel herab, um das ohnehin schon massiv eingesetzte Laserlicht noch zusätzlich zu brechen – das passt nicht so
ganz und beraubt zudem Lambert der Chance, sich den Song wahrhaftig zu eigen zu machen. Und bei „Bohemian Rhapsody“ ist er gleich ganz raus: Neben dem legendären „Galileo“-Gesangspart aus dem
dazugehörigen Musikvideo wird hier auch Mercury eingeblendet, der selbst in der Brechung durch dieses Medium über mehr Ausstrahlung verfügt als alle anderen noch lebenden Bandmitglieder zusammen.
Auf diese Weise wird Lambert, der ehrfürchtig nach oben zur riesigen Videowand schaut und sich dem direkten Vergleich stellen muss, ganz offiziell zum Ersatz erklärt. Auch wenn das eigentlich
unfair ist. Immerhin, gesanglich muss Lambert sich auch hier überhaupt nicht verstecken – und das frenetisch applaudierende Publikum beweist, dass es ihn lägst akzeptiert hat. Doch so lange der
Geist Freddys immer wieder neu beschworen wird, sind Queen 2016 bei aller Leidenschaft nur eine Coverband von Queen 1986. Die beste, die es geben kann. Aber mehr auch nicht.
Kommentar schreiben